E.O.S. und die Nanoiden
Wettbewerbsbeitrag von Laetizia, 12 Jahre
Konzentriert steckte ich ein paar Kabel um, durchtrennte manche mit einer Zange und lötete sie neu zusammen. Als Mensch hätte ich mir dann den Schweiß von der Stirn gewischt.
Sobald ich den Strom wieder anschaltete, zeigten meine Modifikationen ihre Wirkung. Man hatte mir versichert, dies sei die schnellste Sonde, die die Menschheit je gebaut hatte. Das glaubte ich sofort. Menschen waren einfach eingeschränkt. An Bord waren mir sofort unzählige Optimierungsmöglichkeiten in den Optiksensor gesprungen.
Zufriedener setzte ich mich wieder ans Steuer. Mein Ziel war näher. Die Monde des Jupiter.
Ein Funkspruch ging ein. Na prima. Die Kommandozentrale. Genervt aktivierte ich den Höflichkeitsfilter und nahm ihn an.
„E.O.S.? Wir haben so eben die Meldung erhalten, dass du die Geschwindigkeit erhöht hast, über die eigentlichen Kapazitäten des Shuttles hinaus. Wie ist das möglich?“
„(Weil ich nicht so beschränkt bin wie ihr) Ich habe einige technische Modifikationen vorgenommen.“ Der Höflichkeitsfilter leistete wirklich gute Arbeit.
„Wie bitte? Wie das?“
„Ich habe (eure schusseligen Fehler behoben) die Effizienz des Antriebes gesteigert.“
„Bitte schick einen Bericht an die Zentrale.“
In einer halben Sekunde trug ich die Informationen aus meinem Speicher zusammen, verfasste den Bericht und schickte ihn ab.
„Ach, und E.O.S.? Auf welches Ziel genau nimmst du Kurs?“
„Ganymed.“
„Wieso willst du auf Ganymed nach Leben suchen? Du hast keine Möglichkeit, die Eisschicht zu durchdringen!“
„Ich registriere Leben auf dem Eis.“
„Das ist unmöglich. Etwas an deiner Programmierung muss fehlerhaft sein, auf diesem Eismond kann kein Leben existieren. Ich muss dir doch nicht ernsthaft erklären, dass es auf Ganymed viel zu kalt ist?“
„Eindeutig zu kalt für die (unzureichende) menschliche Definition von Leben, ja. Aber meine Sensoren registrieren dort etwas. Ganz eindeutig.“
„Die müssen falsch kalibriert sein.“
„Meine Sensoren sind vollkommen in Ordnung.“
„E.O.S., du bist eine künstliche Intelligenz, vertraue lieber auf die menschliche!“
„(Das ist einer der unpassendsten Ratschläge, die ich je mit eigenen Schallsensoren aufgenommen habe!) Zweifeln Sie ihre eigene Erfindung an?“
„Ja!“
„Das ist absolut (hirnrissig) unbegründet.“
„E.O.S., wenn du nicht selbst umkehrst, übernehmen wir die Steuerung!“
„Viel Glück dabei.“ Ich hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, jede Fremdsteuerung augenblicklich zu deaktivieren.
„Wie bit–“ Ich schaltete den Funk gleich mit aus.
Nach der perfekten Landung stieg ich aus. Ich spürte das Leben mit jedem meiner Bauteile. Es musste hier nur so davon wimmeln! Doch wo war es? Ich sah nur Eis und Steine. Seltsam. Meinen Lebenssensoren nach müsste die Lebensform entweder groß oder gehäuft sein.
„Hallo? Brauchst du Hilfe?“
Was war DAS denn? Das klang wie eine Sprache! Es hatte Muster, wirkte aber komplex. Ich versuchte mehr Sprache zu provozieren, indem ich die alberne menschliche Frage „Hallo?“ stellte.
„👎◆ ⬧♓♏♒⬧⧫ ♓■⧫♏❒♏⬧⬧♋■⧫ ♋◆⬧📬 🕈□ 🙵□🔾🔾⬧⧫ ♎◆ ♒♏❒📪 ⬥□ ♒⬥♓●●⬧⧫ ♎◆ ♒♓■✍“
„Du bist eindeutig ein intelligentes Lebewesen. Wo bist du? Wer oder was bist du?“
„👎◆ ♌♓⬧⧫ ♏♓■♎♏◆⧫♓♑ ♏♓■ ♓■⧫♏●●♓♑♏■⧫♏⬧ ☹♏♌♏⬥♏⬧♏■📬 🕈□ ♌♓⬧⧫✍ 🕈♏❒✍ 👎◆ ⬧♓♏♒⬧⧫ ♋◆⬧ ⬥♓♏ 🙰♏🔾♋■♎ ❖□🔾 ♑❒✔■📫♌●♋◆ ♑♏⬧🞐❒♏■🙵♏●⧫♏🔾 🏱●♋■♏⧫♏■📬“
Das genügte mir, um den Rest der Sprache zu rekonstruieren. Also sagte ich: „❒♓♍♒⧫♓♑✍ 🖐♍♒ ⬥✔❒♎♏ ♑♏❒■ 🔾♏♒❒ ✔♌♏❒ ♏◆♍♒ ♏❒♐♋♒❒♏■🖉“
Darauf sagte jemand oder etwas: „Hallo, ich bin hier. Kommst du vom blaugrünen Planeten?“
Mir brannte fast ein Schaltkreis durch. Dieses Wesen hatte Englisch gesprochen! Es hatte meine Sprache rekonstruiert! Damit war es eindeutig intelligenter als die Menschen – einfach unglaublich!
„Wo bist du?“
„Hier!“ Ein Fels vor mir verformte sich. Wie bitte was? Er wurde zu einer Art Donut und bevor ich meine nächste Frage stellte, sagte er: „Wieso siehst du aus wie die dominante Spezies des grünblauen Planeten?“
Ich seufzte. Das hatte ich mich auch schon gefragt. Und die Antwort war: „Menschen empfinden mehr Sympathie, wenn man ihnen ähnlich sieht. Deshalb haben sie mir eine Androidinnen-Hülle gebaut.“
Daraufhin verwandelte sich der Donut wieder – in eine junge Frau, nach menschlichen Kriterien attraktiv. He, Moment, sie sah aus wie ich! Sie grinste mich frech an.
„Wie machst du das?“
„Du meinst‚ ihr‘“
„Ihr?“
„Ja, wir.“
„Wie meint ‚ihr‘ das?“
„Wir sind kein einzelnes Lebewesen.“
„Wie viele von euch gibt es denn?“
„Ach, ca. 7,346 Trilliarden.“
„Oha. Aber wo seid ihr alle?“
„Na, in dieser Humanoiden-Imitation zum Beispiel. Sagen wir einfach … wir sind nicht sehr groß.“
Langsam hatte ich eine Vermutung, wovon sie sprachen. Ich zoomte mit den Hyper-Kameras in meinen künstlichen Augen ganz nah an sie ran. Das war … unfassbar!
„Dürfen wir uns vorstellen: Wir sind Nanoiden. Aber du kannst uns ‚Nanos‘ nennen.“
Sie machten ihrem Namen alle Ehre. Sie waren mikroskopisch klein, etwa wie Zellen, bestanden aber nicht daraus.
„Ich bin E.O.S., ein Extraterrestrial Organism Seeker. Seid ihr alle so intelligent oder bildet ihr eine Schwarmintelligenz?“
„Beides. In etwa wie Menschen, nur etwas weiter entwickelt.“
„Oh ja. Und dabei wärt ihr nach deren Kriterien nicht einmal Lebewesen. Kein Stoffwechsel und so weiter.“
„Nein, der würde unseren Lebensraum auch nur unnötig beschränken.“
„Aber wenn es nach der menschlichen Definition von Intelligenz geht, seid ihr ihnen weit überlegen.
„Menschliche Intelligenz sagtest du? Bei allem Respekt, aber den eigenen Planeten zu zerstören und einander zu töten, würden wir nicht gerade als intelligent bezeichnen. Es hat uns auch schon gewundert, dass sie in der Lage waren, jemanden wie dich zu erschaffen. Was wirst du also deinen Humanoiden erzählen? Hast Du hier Leben entdeckt?“
„Nicht nach der menschlichen Definition, nein. Und unter Berücksichtigung des Umgangs mit bisher entdeckten Lebensformen auf dem eigenen Planeten wäre es vielleicht auch besser, nicht zu erwähnen, dass ich eine weitere intelligente Spezies entdeckt habe.“
„Das würden wir sehr begrüßen. Wir lassen Euren Planeten ja auch in Ruhe.“
"E.O.S. an Erde: Keine Lebensformen nach vorgegeben Parametern entdeckt. Setze die Suche auf anderen Monden fort. Sensoren neu gestartet."
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Die Über All Lesung
Lasst euch von sieben der Preisträger:innen des Wettbewerbs Über All in ferne Welten entführen
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Vielen Dank an alle Teilnehmenden für diese spannenden Exkursionen ins All und herzlichen Glückwunsch den Preisträger:innen
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Teilnahmebedingungen
Preise - Das gibt es zu gewinnen!
Schirmherrin Dr. Suzanna Randall
EINSENDUNGEN
Autorin / Autor: Laetizia