Gegen die Schurken dieser Welt!

Ein philosophischer Tanz, ein politischer Sport und ein Ausdruck purer Lebensfreude....!

Katharina Tomaschek alias Leni Krawitzkowski hat es auf ein Siegertreppchen der besonderen Art geschafft: sie ist nämlich deutsche Meisterin im Luftgitarre spielen und wird Deutschland bei den Weltmeisterschaften vom 25. bis 27. August 2005 in Oulu, Finnland vertreten. Wenn ihr das jetzt lustig findet: recht so, denn Spaß ist bei der Sache auf jeden Fall dabei oder -wie die 24-Jährige Studentin sagt - pure Lebensfreude. Aber auch eine gehörige Portion Ernst gehört zum Luftgitarrespielen, denn das eigentliche Anliegen bzw. das erklärte Ziel der German Air Guitar Federation ist der Weltfrieden. Na, wenn das kein ehrenhaftes Anliegen ist ;-)!!! Lest selbst, was die Meisterin zu der recht speziellen "Sportart" zu sagen hat:


*Wie kommt man an die Luftgitarre und vor allem an die Teilnahme an einem solchen Wettbewerb?*
Ich habe in Oulu/Finnland studiert (März, April, Mai 2005) und bin dabei auf die Ankündigung für die Luftgitarren WM gestoßen. Dass es eine deutsche Meisterschaft geben wird, erfuhr ich durch etwas Recherche im Internet und dann gings los. Heim fliegen, anmelden, gewinnen.


*Als was würdest du es bezeichnen: als Philosophie, als Sport, musikalische Ausdrucksform, als Tanz, als politisches Manifest? Oder als was sonst...?*
Genau das! Ein philosophischer Tanz, ein politischer Sport und ein Ausdruck purer Lebensfreude....! Es geht um den Weltfrieden, gibt es etwas wichtigereres auf dieser Erde?

*Ist das sehr anstrengend?*
Es ist angenehm anstrengend; man legt als Airguitarrero sein ganzes Herzblut in zweimal eine Minute und kämpft gegen die mächtigsten Schurken, Präsidenten, und Terroristen dieses Planeten. Da kommt man manchmal ins Schwitzen!

*Trainierst du dafür, übst du vor dem Spiegel, studierst du eine Choreographie ein oder ist das eher spontan und improvisiert?*
Ich hatte für eine Choreographie gar keine Zeit weil ich ein paar Prüfungen schreiben mußte. Der Auftritt war sehr improvisiert und natürlich, es hat mir viel Spass gemacht und die Jungs haben auch klasse Auftritte gehabt. Es war eine Freude, denen zuzuschauen zwischendrin! Terror T und Heart Buckboard waren meine Favoriten, die haben es echt drauf!

*Spielst du auch "echte" Gitarre?*
Ja, ich habe mit 16 die Gitarre meines äußerst musikalischen Vaters in die Finger bekommen. Er ist Lehrer in Lüneburg und war eines Donnerstag Abend zur Lehrerkonferenz gegangen. Als er einige Stunden später wieder kam, konnte ich die meisten Griffe.

*Gibt es viele Luftgitaristinnen? Oder ist das eher eine Männerdomäne??? Und wie sehen deine männlichen Kollegen deine Meisterschaft?*
Ich glaube viele Frauen spielen heimlich in den Umkleidekabinen der Modeboutiquen...! Sie ziehen sich hinter dem Vorhang ein paar heiße Fetzen an und rocken los. Die anonymen Airguitar-Frauen erkennt man am typisch ekstatisch wackelnden Vorhang! Männerdomäne? Nein, ich denke Airguitar spielen ist eine künstlerische Ausdrucksform, das hat nichts mit Mann oder Frau-sein zu tun. Die einen basteln Schmetterlinge für den Weltfrieden und die anderen spielen eben Luftgitarre. Wichtig ist doch, dass jeder seinen Beitrag leistet für den Frieden, für die Menschenrechte und für ein globales Gleichgewicht; menschlich und (!) klimatisch. Meine männlichen Kollegen haben mir den Sieg von Herzen gegönnt. Es gab nur einen, der nachträglich verbal auf die Jury losgegangen ist, das war sehr unsportlich.

*Was sagst du denen, die dich belächeln?*
Gelächelt hat bisher nur eine taz-Reporterin. Die ist als Einzige zu früh ins Bett gegangen um die Ergebnisse zu erfahren und hat dann noch grobe journalistische Fehler in ihren pseudo-intellektuellen Artikel mit eingebaut. Der letztjährige Meister heißt Ingo "Ingroove" und nicht "Arschritzen Yeti". Toll waren beide aber sie hat es nicht gemerkt. Wer lächlt, hat nicht verstanden worum es geht und gerade von der taz haben wir eine bessere Berichterstattung erwartet.

*Wie ernst nimmst du die Sache selbst?*
Ich sehe den Wettkampf an sich als großen Spaß an, eben als Ausdruck von Lebensfreude mit dem Hinweis, sich selbst nicht so ernst zu nehmen. Solange es allen Spaß macht, ist es gut. Wichtig ist, über Themen wie Weltfrieden, Globalisierung, Ressourcenschutz und Rechtsradikalismus zu diskutieren.

*Dein Lieblingsluftgitarrensong?*
Da gibt es so einige. Die Rolling Stones haben schöne Songs, aber auch Angus Young von AC/DC und Jimi Hendrix zählen zu meinen Favoriten. Die sind unübertroffen!

*Dein größter Wunsch für die Zukunft?*
Eigentlich bin ich wunschlos glücklich, Familie und Freunde sind gesund und munter. Es gibt Wünsche, die andere betreffen. Den Amerikanern wünsche ich einen vernünftigen Präsidenten. Einen, der sich wirklich für Freiheit und Toleranz einsetzt und nicht so eine texanische White-House-Show abliefert. Wir denken an Guantanamo Bay, was ist das bitte? Die amerikanischen Wähler können doch nicht im Ernst glauben, dass ihr Texaner das Wildpferd "Terrorismus" mit einem Lasso einfängt, es nach Guantanamo bringt und schmoren läßt und dann ist alles in Ordnung.  Ich wünsche mir eine globale Diskussion, die die wirklichen Probleme der Menschheit auf den Tisch bringt und nicht an Drittweltländern vorbeigallopiert.


*Wir danken Katharina für dieses Interview und drücken ihr die Daumen für die WM in Finnland. Rock it!*

Mehr dazu findet ihr bei der

Autorin / Autor: Sabine Melchior, Katharina Tomaschek - Stand: 12. August 2005