Reise in den Iran

Ein Land ohne Nachtleben

Die Gesellschaft ist extrem in zwei Sphären geteilt: privat und öffentlich. Was jemand nach außen hin vertritt, muss noch lange nicht seine wirkliche Meinung sein. Zu Hause ist fast ein Paralleluniversum: dort gibt es oft das, was offiziell verboten ist: Satellitenfernsehen, Alkohol.

Im Iran gibt es kein Nachtleben, wie wir es bei uns kennen: keine Clubs, keine Discos; allerdings Cafés, auch Internetcafés, gibt es mittlerweile immer mehr, vor allem in Teheran. Es ist schwierig für Mädchen sich mit Jungs zu treffen, die nicht zum engsten Familienkreis gehören und umgekehrt. Viele Iraner bezeichnen die Universitäten als "Heiratsbörse", da viele Studenten das erste Mal von zu Hause weg sind und in Wohnheimen leben, die soziale Kontrolle innerhalb der Familie also wegfällt. Mehr als 60% der Studierenden sind mittlerweile Frauen.

*Reaktionen*
Die Menschen im Iran haben oft sehr neugierig auf mich reagiert: alleinreisende Frau, Fotografin... Ich kam häufig in den Genuss ihrer ausgeprägten Gastfreundschaft und bin oft zu politischen Themen gefragt worden. Viele Leute im Iran, aber auch in Deutschland fragten mich, ob ich mich nicht unsicher oder bedroht gefühlt hätte. Ich bin schon sehr viel gereist und es gab noch kein Land, in dem ich mich so sicher -­ ja sogar geborgen -­ gefühlt habe wie im Iran.

*Unfreiheit*
Trotzdem ist Iran auch ein Land, in dem Menschen, die eine dem Regime konträre Meinung haben und diese auch öffentlich äußern, eingesperrt und teilweise auch gefoltert werden. Es gibt unglaublich viele Tageszeitungen; immer wieder werden Redaktionen geschlossen, kommen Redakteure ins Gefängnis, weil sie Artikel veröffentlichen, die sich kritisch mit dem System auseinandersetzen. Natürlich wird auch zensiert: Filme, Literatur, Zeitungsartikel, das iranische Fernsehprogramm. Einerseits ist das Land sehr isoliert, andererseits gibt es so viele Einflüsse, da sehr viele Iraner im Exil in den USA oder auch in Europa leben und meistens in engem Kontakt mit ihrer Familie im Iran stehen.

*Foto:* Wochenendausflug auf die Plantagen, bei Karaj

Frauen fotografieren

Ich hatte anfangs viele offizielle Gesprächstermine mit Politikerinnen, Redakteurinnen, einer der Bürgermeisterinnen von Teheran etc. Die Fotos, die ich dort gemacht habe, habe ich nicht für meine Arbeit verwendet, weil mir die Situationen zu formal, zu gestellt, zu offiziell waren. Ich habe oft mit Übersetzerinnen gearbeitet, wenn die Frauen kein Englisch gesprochen haben.

Teilweise habe ich Frauen auf der Straße angesprochen und gefragt, ob ich sie fotografieren darf. Oft bin auch ich von Frauen oder ganzen Familien angesprochen worden und zu ihnen nach Hause eingeladen worden, so dass ich dort fotografieren konnte. Viele Frauen reagierten erst einmal befremdet auf meinen Wunsch, sie zu portraitieren. Die meisten kennen die Fotografie nur im Zusammenhang mit Familien- oder Erinnerungsfotos. Fotografie als Kunstform oder als bildliche Auseinandersetzung mit einem Thema ist vielen nicht geläufig. Allerdings müssen auch iranische Fotografen genau diese Frage immer wieder beantworten: "Warum willst du gerade mich fotografieren, was ist denn an mir so besonders?" Es gab aber auch Frauen, die selbst etwas mit Fotografie oder Kunst zu tun haben und mit denen ich sehr gut arbeiten konnte; die auch verstanden, worum es mir als Fotografin geht.

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Autorin / Autor: ~astrid~ - Stand: 18. August 2004