*Indianische Amazonen*
Auch in Amerika soll es unabhängige Frauenkulturen gegeben haben. Schon Columbus berichtet von indianischen Arawak-Frauen, die sich ihm auf den Antillen, besonders auf der Insel Santa Cruz zusammen mit ihren Männern im Kampf entgegengestellt haben.
Die Begegnung mit Frauenstämmen, die gänzlich ohne jeden Einfluss von Männern lebten, blieb den Spaniern aber auch nicht erspart. Nachdem sie das Inka-Reich in Peru zerstört und die indianischen Anden-Völker brutal unterworfen hatten, hatten sie den Hals immer noch nicht voll. Sie lechzten danach, weitere Schätze in dem "Goldland" zu finden und zogen deshalb nach Osten, um den großen, sagenhafen Strom zu erforschen, von dem sie von den Indianern gehört hatten. Der Typ, der den Amazonas entdeckte, war ein Offizier namens Orellana, nach dem der Fluss eigentlich benannt werden sollte. Orellana stieß an dem Fluss jedoch auf seltsame Siedlungen, deren BewohnerInnen ihm berichteten, sie seien alle Untertanen der Herrin der Amazonen, die die Gebiete nördlich des Amazonas beherrschte. Die Spanier begegneten den Kriegerinnen auch persönlich und beschrieben sie als unerbittliche, hochgewachsene Kämpferinnen, muskelbepackt und splitternackt mit weiß bemalter Haut und geflochtenen schwarzen Haaren, die sie wie einen Turban um den Kopf trugen.
Ein Indianer, den die Spanier in Kriegsgefangenschaft hielten, erzählte von der Amazonenkönigin, die mit ihrer Gefolgschaft in ihrem Reich sieben Tagesreisen nördlich vom Strom ganz ohne Männer lebte. Ihre Siedlungen seien Städte aus Stein mit Toren und Straßen und ihre Kinder bekämen sie, indem sie fremde Stämme eroberten, deren Männer mitnahmen und diese, sobald sie schwanger waren, mit Geschenken nach Hause schickten. Die Jungs wurden getötet, auch Abtreibung gehörte zur normalen Geburtenregelung, damit nie mehr Kinder in einem Stamm geboren wurden, als er verkraften konnte.
Interessant ist, dass zu der Zeit zwischen matriarchalen Indianerstämmen keine Kriege im wörtlichen Sinne geführt wurden, sondern eher eine Fehde, ein Ritual zwischen zwei Stämmen stattfand, zu dem die Frauen jeweils ihr Einverständnis geben mussten. Erst unter der patriarchalen Männerherrschaft wurden diese Fehden zu kriegerischen Kämpfen.
Jedenfalls waren die Spanier von diesen Frauen dermaßen beeindruckt, dass sie ihnen die Ehre erwiesen, den großartigen Strom, den sie entdeckt hatten, nach ihnen zu benennen "Fluss der Amazonen" (Rio las Amazonas).
*Warum haben sich solche Gesellschaften entwickelt?*
Archäologische Funde und ethnologische Berichte weisen darauf hin, dass die Amazonen ursprünglich Frauen der Arawak-Indianer waren, ein Volk, das seine Reiche auf dem Hintergrund einer sehr alten matriarchalen Kultur aufbaute. Aber warum sonderten sich einige Frauen ab und gründeten reine Frauenstämme? Eine Sage erzählt, dass einst alle Frauen eines Stammes einen Geheimbund des Jaguars gegen ihre Ehemänner gründeten, die sie tagtäglich tyrannisierten und demütigten. Weil die Männer davon Wind bekommen hatten und ihren heiligen Jaguar vor den Augen der Frauen getötet hatten, vergifteten die Frauen ihre Männer und zogen in ein fernes Land. Die Freunde der Ehemanner, von denen sie verfolgt wurden, konnten sie erfolgreich durch Pfeil und Bogen besiegen. In ihrem Reich sollen die geichen sozialen Gesetze gegolten haben wie die, die die Expeditionsforscher über die Amazonen herausfanden. Wahrscheinlich sind die "Ehemänner" aus dieser Sage Männer anderer Indianerstämme gewesen, die die Arawak geraubt haben. Die Arawakfrauen selber besaßen durch ihre matriarchale Herkunft zum Glück noch genug Mumm, um sich den Zwängen ihrer Eroberer zu entziehen.
Sicher können wir uns in Punkto Durchsetzungsvermögen oft eine Scheibe von den Amazonen abschneiden - aber zu dick darf sie nicht sein: Wir wollen ja nicht, dass sich die süßen Herren der Schöpfung unterdrückt und nutzlos vorkommen, nicht wahr? ;-) Außerdem: Ein bisschen Spass muss sein, und da sollten die Jungs nicht fehlen!
Autorin / Autor: Nadja Goede - Stand: 31. März 2004