Museum der Sinne
Sinnliches im Schloss Freudenberg
Meistens benutzen wir unsere fünf Sinne, ohne uns sonderlich bewusst darüber zu sein. Erst wenn wir vor Wut oder auch Glück "von Sinnen" sind oder eine echte Sinnestäuschung erleben, wird uns klar, was unser "Interface" zur Außenwelt ist. In Wiesbaden gibt es einige engagierte Menschen, die sich tagaus, tagein damit beschäftigen, wie wir unsere verkümmerten Sinne wieder zur Entfaltung bringen können. Deshalb haben sie einen Verein gegründet, haben ein altes Schloss gemietet und sammeln Ausstellungsstücke, die uns das Sehen, Hören, Tasten, Riechen und Schmecken lehren sollen.
Keine Spur von Pracht und Glanz
Von außen betrachtet macht das Haus seinem Namen keine große Ehre: abbröckelnder Putz, seit langen nicht mehr gestrichene Fenster, herumliegende Baumstümpfe... Wer ein prachtvolles Schloss mit gepflegtem Schlossgarten erwartet, ist hier eindeutig falsch. Aber eigentlich ist das schon das erste Schnippchen, das uns die Macher des Museums schlagen: Sie e-n-t-tä-u-s-c-h-e-n unsere Erwartungen und ersetzen sie durch Erfahrung. Auf ihrer Website begrüßen sie uns auch mit dem Satz: "Es ist wie mit dem Küssen. Was ist das? Man muss es tun! Dann erst weiß man, was es ist. So verhält es sich auch mit dem Erfahrungsfeld."
"Du musst dir was wünschen!"
Das "Erfahrungsfeld" ist die Ausstellung, und zwar eine, wo anfassen, betreten und beschnuppern nicht nur erlaubt ist, sondern sogar erwünscht! Schon direkt in der Eingangshalle wird man zum Machen aufgefordert. Zwei Klangschalen mit Wasser gefüllt und mit Messingriffen an den Seiten stehen da auf Holzwürfeln und warten darauf, dass sie zum Leben erweckt werden. Bloß wie? "Na du musst deine Hände ins Wasser tauchen und über die Griffe reiben, dann gibt sie Töne", sagt Matthias, der uns die Eintrittskarte verkauft hat. Nur mich scheint die metallene Schale offensichtlich nicht so zu mögen wie meine Vorgängerin, die nicht nur einen Ton aus der Schale geholt hat, der den ganzen Holzboden zum Schwingen brachte, sondern auch noch die Wasseroberfläche in einen Springbrunnen verwandelt hat. Es sah aus, als würde das Wasser kochen! In Wirklichkeit hat es nur gesprudelt, weil es durch die Schwingungen der Klangschale in Wallung geraten war. "Du musst dir was wünschen und dann funktioniert es", redet Matthias auf mich ein, der mich mitleidig ansieht, weil ich nur ein jämmerliches Quietschen zustande bringe.
Alles im Fluss
Nach dem siebten Anlauf geb' ich's auf und beweg mich lieber in den Raum mit den sich drehenden Bildern. Die haben es in sich: optische Täuschungen mit Nachwirkung! Beim minutenlangen Draufstarren gibt es erst ein Farbenfeuerwerk und anschließend wird auch noch die Wand dahinter und der Boden, auf dem ich stehe flüssig. Mir wird schwindelig, aber ich kann es nicht lassen: immer und immer wieder drehe ich das blau-orange-gestreifte runde Bild wie ein Glücksrad, und am Ende bin selbst ich total zerflossen **g**.
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Autorin / Autor: Rosi Stolz - Stand: 11. April 2003