Die vielen Gesichter des Harry Potter
Die Harry-Potter-Bücher sind in fast allen Ländern individuell gestaltet. Doch die Übermacht der Film-Figur löst die kulturelle Vielfalt langsam aber sicher ab.
Harry Potter hat, falsch, hatte viele Gesichter. Zumindest, als es den Film noch nicht gab. Denn bis dahin prangte in den zahlreichen Ländern, in denen Harry Potter erschienen ist, ein ganz eigenes, kulturell gefärbtes Harry-Potter Bild auf den Buchdeckeln. Freilich, die Gestaltung des Haarschnittes und des Gesichts war von Anfang an eine Frage teurer Lizenzen, dennoch flossen kulturelle Besonderheiten in die Gestaltung mit ein. So ziert die vietnamesische Ausgabe ein Einhorn, auf der iranischen Fassung ist u.a. ein brennendes Kind abgebildet und die französische Ausgabe kommt im kindlichen Dekor und mit einem ganz und gar französischen Harry Potter daher. Doch mit dieser Vielfalt, die auch der eigenen Fantasie noch ausreichend Raum ließ, ist es spätestens mit dem Film und der aggressiven Vermarktung vorbei. Das dominante Bild des Film-Harry-Potters scheint sich überall durchzusetzen, und wo nicht, bahnen sich gerichtliche Auseinandersetzungen an. So musste ein deutscher Lehrbuchverlag seine Harry-Potter-Lehrmaterialien aus dem Verkehr ziehen und selbst ein privater Homepagebetreiber musste sein Harry-Potter-Lexikon aus dem Netz nehmen. Der Vermarktungskrieg um den fantastischen Harry Potter erweist sich als alles andere als zauberhaft.
Glücklicherweise kann einem niemand verbieten, sich selbst eine ganz andere Vorstellung von Harry Potter zu machen, als der Filmrechteinhaber AOL Time Warner vorschreiben will. Es soll ja auch Leute geben, denen das Buch und die eigene Fantasie immer noch besser gefallen hat als der Film.
Zum vollständigen Artikel in perlentaucher.de
Autorin / Autor: Quelle: perlentaucher.de/Redaktion - Stand: 16. Dezember 2002