Einfach mal "nein" sagen
Einladungen ablehnen ist gar nicht so schlimm, wie man befürchtet
Abhängen vor der Glotze ist auch manchmal schön ;-)
Kennt ihr auch das Dilemma, dass ihr zu einer Party oder Familienfeier eingeladen werdet, aber ihr nicht so richtig Lust habt und nicht wisst, wie ihr am besten absagt? Obwohl es sich oft ziemlich unhöflich anfühlt, eine Einladung abzulehnen - laut einer von der American Psychological Association veröffentlichten Studie überschätzen wir anscheinend die sozialen Folgen einer Absage.
"Ich wurde einmal zu einer Veranstaltung eingeladen, an der ich auf keinen Fall teilnehmen wollte, bin aber trotzdem hingegangen, weil ich befürchtete, dass die Person, die mich eingeladen hatte, verärgert wäre, wenn ich nicht käme - und das scheint eine häufige Erfahrung zu sein", so der Hauptautor Julian Givi, PhD, Assistenzprofessor an der West Virginia University. "Unsere Forschung zeigt jedoch, dass die negativen Auswirkungen eines Neins viel weniger schwerwiegend sind, als wir erwarten."
Lieber unehrlich statt unhöflich
Die meisten Menschen scheinen, was Einladungen betrifft, eher höflich als ehrlich zu sein. In einer Pilotstudie hatten sogar mehr als drei Viertel der Befragten zugegeben, dass sie eine Einladung zu einer Aktivität, an der sie nicht teilnehmen wollten, aus Angst vor den Folgen einer Absage angenommen haben. Um zu untersuchen, ob diese Befürchtungen unbegründet waren, führten die Forscher:innen fünf Experimente mit insgesamt mehr als 2.000 Teilnehmer:innen durch.
In einem Experiment sollten sich die Teilnehmer:innen vorstellen, entweder von einem Freund zu einem Abendessen in einem Restaurant mit einem prominenten Koch eingeladen zu werden oder ihn selbst einzuladen. Diejenigen, die die Einladung erhalten hatten, sollten sich vorstellen, dass sie sie ablehnten, weil sie tagsüber schon etwas vorhatten und einen entspannten Abend zu Hause verbringen wollten. Den Teilnehmer:innen, die sich vorstellten, die Einladenden zu sein, wurde gesagt, dass ihr Freund aus demselben Grund abgelehnt hatte.
Das Ergebnis: diejenigen, die sich vorstellten, die Einladung ihres Freundes abzulehnen, glaubten oft, dass dies sofort negative Auswirkungen auf ihre Beziehung haben würde. Sie befürchteten häufiger, dass ihr Freund wütend und enttäuscht wäre und sie in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr zu Veranstaltungen einladen würde, als diejenigen, die sich vorstellten, selbst abgelehnt worden zu sein.
"In unseren Experimenten haben wir immer wieder festgestellt, dass die Eingeladenen die negativen Folgen überschätzen, die sich aus der Ablehnung einer Einladung ergeben", so Givi. Viele neigten dazu, anzunehmen, dass sich der Freund/ die Freundin eher auf die Ablehnung an sich konzentriere als auf den Grund für das Ausschlagens der Einladung.
Sogar Paare haben Schwierigkeiten abzusagen
In einem weiteren Experiment rekrutierten die Forscher:innen 160 Personen, die mit ihren Partner:innen an einer so genannten "Paarumfrage" teilnahmen. Von den teilnehmenden Paaren waren 4 % seit weniger als sechs Monaten zusammen, 1 % seit sechs bis 12 Monaten, 21 % seit einem bis fünf Jahren und 74 % seit mehr als fünf Jahren.
Zunächst wurde ein Mitglied des Paares gebeten, den Raum, in dem die Umfrage stattfand, zu verlassen. Die Person im Raum schrieb eine Einladung an ihre:n Partner:in für eine Aktivität, die sie in den nächsten Wochen gerne unternehmen würde - z. B. ins Kino gehen, in einem Restaurant essen oder wandern. Dann verließ sie den Raum, der/die Partner:in kam zurück und las die Einladung. Daraufhin sollte eine Absage geschrieben werden mit der Bedeutung: "Ich möchte einfach nur zu Hause bleiben und mich entspannen." Das Paar tauschte dann wieder die Plätze, damit die Person, die die Einladung geschrieben hatte, die Absage lesen konnte.
Das Ergebnis: Unabhängig von der Länge der Beziehungen zeigte sich auch hier wieder das gleiche Phänomen: die Person, die die Einladung ihres Partners/ ihrer Partnerin ablehnte, glaubte eher, dass ihr Partner wütender sein würde oder hatte das Gefühl, dass der Partner die Absage so deuten könnte, dass sie sich nicht um ihn kümmern wolle.
Laut den Forschenden zeigen die Ergebnisse, dass Menschen offensichtlich durchweg überschätzen, wie verärgert jemand sein wird, wenn er eine Einladung ablehnt, selbst wenn sie eine langjährige, enge Beziehung haben. Dabei könnte es für viele von Vorteil sein, gelegentlich eine Einladung auszuschlagen, wenn sie dadurch ein Burnout vermeiden, so Givi. Denn dies habe ja nicht unbedingt die erwarteten schwerwiegenden Folgen. Burnout sei ein echtes Problem, besonders um die Feiertage herum, wenn wir oft zu vielen Veranstaltungen eingeladen werden. "Scheuen Sie sich nicht, hier und da eine Einladung abzulehnen. Aber denken Sie daran, dass sich Beziehungen entwickeln, wenn man Zeit mit anderen verbringt, also lehnen Sie nicht jede Einladung ab“, lautet der Festtagstipp des Wissenschaftlers.
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 14. Dezember 2023