Sex-Schock hin, Sex-Schock her
Was darf Satire? Die Bild-Zeitung verklagt die taz
30 000 Euro Schmerzensgeld will Kai Diekmann, Chefredakteur der Bild-Zeitung von der Berliner Tageszeitung haben. Der Grund: Auf ihrer satirischen letzten Seite hatte die taz im Mai getitelt: "Sex-Schock ! Penis kaputt ? Neue Sorgen um den Bild-Chef Kai Diekmann: Untenrum-Operation misslungen." Der Autor dieser Satire, Gerhard Henschel bezog sich damit auf Seite eins der Bild-Zeitung vom 13. April. Darauf war ein Foto von der weinenden Shawne Fielding-Borer - der Frau des damaligen Schweizer Botschafters - zu sehen mit der Schlagzeile: "Sex-Schock. Baby verloren. Sorge um Frau des Botschafters. Wird sie nie wieder glücklich ?" Heute beschäftigt sich die Pressekammer des Berliner Landgerichts mit dem zivilrechtlichen Streit um die Satire.
Der Hamburger Schriftsteller Gerhard Henschel wollte den Boulevardjournalisten Kai Diekmann mit seinen eigenen sprachlichen Mitteln schlagen. Dem provozierenden taz-Titel fügte er denn auch einen irrealen Bericht über eine Penisoperation in Miami hinzu, die "leider derart misslungen sei", dass gar von einer Kastration des Bild-Chefredakteurs die Rede sein könne: Diekmann stehe zwar unter "Sex-Schock", werde jedoch von einem kroatischen Fan-Club mit dem Vereinsnamen "Die kaputten Piephähnchen" unterstützt.
Henschel hatte in dem Text auch die gesellschaftliche Funktion Diekmanns als Bild-Zeitungschef kritisiert. Für den sei "ein Tag ohne Sex-Schocks, Fehlgeburten und öffentlich in den Schmutz gezogene Ehen ein verlorener Tag". Um eine persönliche Beleidigung Diekmanns ging es Henschel dabei aber nicht: "Es ging mir um die Charaktermaske, um Diekmanns gesellschaftliche Rolle als Unterhosen-aus-dem-Fenster-Hänger." Der Schriftsteller sagt, er habe sich beim Anblick der Bild-Zeitung geärgert, und gibt zu: "Es war ein ritterlicher Racheakt. Völlig abgesehen vom Ausgang des Prozesses möchte ich, dass hier wieder Apartheid zwischen Gut und Böse hergestellt wird, denn Bild ist nicht Pop sondern Gosse."
Lies den ganzen Artikel bei
Autorin / Autor: Quelle: Frankfurter Rundschau - Stand: 19. November 2002