Was macht man mit einem Franziskanerkloster, in dem es keine Franziskaner mehr gibt? Na, ein Kreativzentrum, was sonst, dachte sich der Essener IT-Unternehmer Reinhard Wiesemann und schuf einen Ort, der offen ist für alle, die künstlerisch oder überhaupt schöpferisch tätig sein wollen, aber keine Räume dafür haben. Wer etwas anbietet, bekommt hier kostenfrei einen Platz. "Die Idee muss nur kreativ, interessant und legal sein", sagt Wiesemann im Gespräch mit DW-WORLD. Die Materialien dazu gibt es auch gratis, denn
Holz oder Farbe werden von Firmen gespendet, die regelmäßig abgeklappert werden und denen es offensichtlich nicht schwer fällt, das "Unperfekthaus" zu unterstützen.

*Produktivität wächst in unperfekten Räumen*
MusikerInnen, Theaterleute oder Vortragende präsentieren sich in den alten Mauern auf mehreren Bühnen. Ob ein Gesprächsabend beim Schriftsteller, ein all-you-can-eat-Büffet, der Besuch des Esstheaters, Computer- oder Yoga-Kurse, Projekte von Schreinermeistern, man kann hier die unterschiedlichsten Leute treffen, es ist immer etwas los, und ständig laufen unzählige BesucherInnen durch das Haus, darunter hilfsbereite Fachleute und auch so mancher Firmenchef, manche Firmenchefin auf Talentsuche. 140 Leute nutzen inzwischen das alte Kloster, das nicht eigens umgebaut oder gestylt wurde. Gerade das Nicht-Perfekte rege die Menschen zu Kreativität an, so Wiesemann. Er hat das schon einmal erlebt mit einem Schulungs-Projekt für Linux, dass er in einer alten Villa durchgeführt hatte. Finanziert wird das Ganze über Eintrittsgelder, denn die Menschen sind neugierig und kommen gerne, um KünstlerInnen bei der Arbeit zuzusehen oder Produkte anzuschauen.

*Sprungbrett*
Auch die Leiterin des Kulturbüros der Stadt Essen ist voll des Lobes und wünscht sich, dass das Projekt bald auch anderswo in Deutschland oder sogar im Ausland ausprobiert wird. Wo sonst haben KünstlerInnen die Möglichkeit, ihre Ideen umzusetzen oder ihre Kunst zu verbreiten? Für sie ist es ein Sprungbrett, das kreativen Leuten hilft, ihre Talente darzustellen, und so möglicherweise eine künstlerische Karriere einschlagen können.