Vor laufender Kamera unters Messer
Pro Sieben, RTL, MTV - alle wollen mitverdienen an dem Druck durch Schönheitsideale
Es scheint etwas Faszinierendes zu haben, zuzusehen, wie Leute sich mit einem Hämmerchen die Nase zertrümmern lassen, wie sie sich Schläuche unter die Haut schieben lassen, aus denen dann blutiges Fett tropft, wie sie sich narkotisieren, malträtieren und nicht zuletzt aufschlitzen lassen, um vermeintlich schöner auszusehen. Schönheitsoperationen liegen voll im Trend und immer mehr junge Menschen fallen dem Wahn zum Opfer. Die Medien tun ihr übriges dazu, gerade Fernsehsender verdienen nicht schlecht an komplexgebeutelten Menschen, die sich nicht zu schade sind, vor laufender Kamera Einblick in ihre Innereien zu geben. So sucht der Sender Pro Sieben seit Montag Frauen, die sich hässlich finden, um sich vor den Augen eines Millionenpublikums auf Kosten des Senders mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln "verschönern" zu lassen. "The swan - Endlich schön" heißt das eklige Format, das - wie könnte es anders sein - natürlich aus den USA stammt. "Sie wollen endlich schön sein? Sie wollen raus aus dem Alltag und ein neuer Mensch werden? Seien Sie bereit für die Herausforderung Ihres Lebens!" wirbt Pro Sieben auf der Seite zur Sendung, mit der vor allem Frauen zwischen 25 und 40 Jahren geködert werden sollen. Die Seite soll schon am ersten Tag 3000 Mal aufgerufen worden sein, sagte eine Pro Sieben Sprecherin.
Auch RTL arbeitet laut der BILD-Zeitung derzeit an einer OP-Show, 6 Kandidaten sollen schon operiert worden sein. Und selbst der Musiksender MTV will mitziehen. In dem Grusel-Format "I want a famous face" begleitet MTV Jugendliche, die unbedingt wie ihr Star aussehen wollen - etwa die pickligen Zwillinge Mike und Matt aus Arizona, die sein wollten wie Brad Pitt. MTV gibt an, nur Jugendliche auszuwählen, die diesen Entschluss ohnehin schon gefasst hätten und alle notwendigen Maßnahmen selbst finanzierten. Auch will der Sender das Thema angeblich "kritisch von allen Seiten" beleuchten, doch im Endeffekt bleibt die Sendung, was sie ist: ein Format, das den Voyeurismus bedient, das falschen Schönheitsidealen den Weg bahnt und Jugendliche mit eindeutigen psychischen Störungen einem großen Publikum zur allgemeinen Belustigung vorführt.
Autorin / Autor: Quelle: Netzeitung / Redaktion - Stand: 6. Juli 2004