Leben am Klim-it

Beitrag zum Wettbewerb green poems von Johanna Bauer, 18 Jahre

fürs klima gedenkt die ganze klasse, heute,
der niedrigen arbeiterklasse leute
kauf dich glücklich & kauf dich frei
die last der welt ist einerlei,
wenn du geld hast und als held passt,
gibt es den freibetrag,
den du gern bezahlen magst
und am freitagabend nimmst du dir die auszeit,
fliegst von nürnberg nach münchen,
der einfachheit halber

mensch, sagt der mensch,
mir bleibt nur mein letztes hemd
und die wut, nur die wut,
die auf das establishment.
deine hände sind der schweigepflicht
doch schon längst entbunden,
doch du tust als hätt’st du deine stimme
nie jemals gefunden

flieg im inland, zieh dich um
zieh um mit inlandsflügen
mach dich groß und mach dich wütend
entsorg dich in ‘ner plastiktüte,
fahr raus aufs meer und

zeig dich betroffen
vom leid, das du siehst
und vom light, das du siehst,
wenn sie im schicken saal
von den schicksal’n reden
und du in den highlights siehst,
wie sie vom leid klag’n

ihr habt mitleid mit jedem,
den’s trifft
wenn das wetter nicht mehr
wettgemacht wird
und häuser in schluchten rutschen,
werdet ihr schluchzen

auguri!
ihr habt’s geschafft!
fahrt die welt vor die wand
treibt die bäche weg vom sand
trocknet das gras am feldrand

die blüte der jugend
kann nicht mehr aufgeh’n
doch das muss sie nicht,
ihr könnt ja wegsehen
bis die jungen alt sind,
seid ihr schon weg
und bis da neue jung sind,
sind wir schon weg

fragilität vorm klimawandel
ist ein armutszeugnis,
sagt der geldbeutel, wenn er klimpert
variabilität im datum
ist ein todesurteil,
sagt das boot, wenn es kentert
2050

wir sitzen nicht alle in demselben
es spiegeln sich gesichter von millionen
in den untiefen unter der meeresoberfläche

keine medaille
für euer schweigen
kein preisgeld
für die leisheit,
die man sich erlaubt
keine leistung,
nur reichtum,
wenn ihr zukunft verbaut

habt die weisheit mit gabeln gefressen,
peinlichkeiten gesät
“klimaneutralität”
ist das konstrukt,
auf dessen bittsteller ihr spuckt,
weil ihr nur auf eure teller guckt,
kennt die menschen nicht,
deren schicksal ihr aus dem saal schickt

keine wende
nur wandel
schutzwände
für den handel
eure hände
in der verbrannten erde

ein sharepic zum klimawandel
eine infokachel auf instagram
in der tagesschau zum tagesschauer
beschaut man sich das unwetter
ich snappe einen snapshot per snapchat
von der flut

bleibst du zurück
im elfenbeinturm
entfliehst dem sturm
sagst, dann schwimme man
dann rette sich wer kann
doch du kannst das am besten
kennst die 1,5 nur vom kontostand der portokasse
bist superreich, hast es superleicht

ich werd polemisch, plakativ
spinne weite narrative ohne tiefe
doch das mit dem klimawandel,
das waren sicher nicht
meine beste freundin und ich
allein.

in der wut wird man gemein.
unverständnis macht wütend,
was gerade so schwer bleibt,
ist das fühlen von anderen sachen
als fassungslosigkeit

ich wär gerne hoffnungsvoll
und froh, fänd gern sachen toll
und logisch, dass ich gern
an was anderes denken würde
not macht erfinderisch,
doch ihr erfindet nichts

in 100 jahren
40 kinder in der klasse
15 münder kann man stopfen
25 gibt man tropfen
jede:r krank
an den händen nur die brandblasen
von den sonnenstrahlen
an den wänden nur die flutnarben
von den vielen malen

es wird immer schlimmer,
ob ihr’s glaubt oder nicht,
es wird immer schlimmer,
wenn das klima einmal kippt.

Autorin / Autor: Johanna Bauer