War das wirklich so?

Studie: Wir können einschätzen, ob unsere Erinnerungen verlässlich sind

Unsere Erinnerungen sind nicht immer so ganz verlässlich. Aber immerhin können wir einer aktuellen Studie zufolge selbst ganz gut einschätzen, ob wir ihnen trauen können oder nicht. Die Riesentorte zum 18. Geburtstag bleibt uns vermutlich detailliert im Gedächtnis. Die Erinnerung an den täglichen Schulweg ist hingegen von prototypischen Informationen durchzogen, also Informationen, die uns bereits bekannt sind und an jedem Tag hätten stattfinden können. Erinnert werden nur Besonderheiten - ein Beinahe-Unfall, eine Baustelle - alles andere wird gestrafft und mit solchen allgemeinen prototypischen Informationen gefüllt.

Forschende der Universität Birmingham wollten nun wissen, wie gut Menschen in der Lage sind, diese prototypischen Erinnerungen zu erkennen, und inwieweit sie in der Lage sind, deren Verlässlichkeit zu beurteilen.

Farben erinnern

In der Studie wurden mehr als 200 Teilnehmende zu Experimenten eingeladen. Dabei wurden sie gebeten wurden, Objekte in verschiedenen "nicht zusammenpassenden" Farben zu betrachten - etwa einen blauen Apfel. Nachdem sie zur Ablenkung eine einfache Matheaufgabe gelöst hatten, sollten sie sich an die Farbe erinnern und sie dann aus einer Farbskala heraussuchen, um zu testen, wie genau sie sich an die Farbe erinnern konnten.

Abschließend sollten sie angeben, wie sicher sie sich der Richtigkeit ihrer Antwort waren, indem sie zwischen "sicher", "unsicher" und "geschätzt" wählten.

Die Forschenden ermittelten aus den Antworten mithilfe künstlicher Intelligenz, welche Farbtöne für prototypische Erinnerungen stehen, also solche, die die meisten Teilnehmenden wählten, wenn sie sich nicht so ganz sicher waren.

Wählten die Teilnehmenden nun einen Farbton, die von der KI als prototypische Antwort ermittelt worden war, dann zeigten sie sich auch selbst misstrauisch gegenüber ihrer eigenen Erinnerung. Für die Wissenschaftler:innen deutet dies darauf hin, dass wir uns durchaus bewusst sind, dass manche unserer vermeintlichen Erinnerungen eher allgemeinen Informationen und Wahrscheinlichkeiten entspringt und wir ihnen deswegen nicht so ganz trauen können.

Das ist immer dann wichtig, wenn es auf Details ankommt - etwa bei Augenzeugenberichten in Rechtsfällen, bei denen das Vertrauen in die Genauigkeit der Erinnerung entscheidend ist.

Hauptautor Dr. Ben Griffiths fügte hinzu: "Bei der Gesichtserkennung wissen wir, dass die Menschen Schwierigkeiten haben, genaue Erinnerungen von Prototypen zu unterscheiden. Wir wissen weniger darüber, dass die Erinnerung an Ereignisse auch verzerrt sein kann, aber das ist ebenso wichtig, wenn es darum geht, zu entscheiden, wie sehr man der Erinnerung einer Person vertrauen kann."

Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Communications Psychology veröffentlicht.

Auch wenn Testpersonen in diesem Experiment Unsicherheiten gegenüber den eigenen Erinnerungen zum Ausdruck gebracht haben, heißt das nicht, dass wir nicht hier und da von unseren verfälschten Erinnerungen auch absolut überzeugt sind. Das Wissen, dass unser Gedächtnis nicht unfehlbar ist, hilft aber vielleicht, das nochmal zu hinterfragen - vor allem, wenn es darum geht als Zeug:in auszusagen oder andere Menschen möglicherweise zu Unrecht zu beschuldigen.

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Autorin / Autor: Pressemitteilung / Redaktion - Stand: 2. Juli 2024