Natur-Selfies: Zwei Seiten einer Medaille
Studie untersuchte das Für und Wider von Naturfotografie auf Social Media
Wer kennt nicht das Bedürfnis nach einem dramatischen Selfie vor atemberaubender Kulisse oder dem perfekten Landschaftsfoto, das auf Instagram, TikTok oder Snapchat gepostet werden kann? Aber: leider, leider schadet dieser Trend der Natur, wie eine neue Studie herausgefunden hat. Ein Forscher:innen-Team verschiedener US-amerikanischer Unis hat mehrere direkte und indirekte Auswirkungen von Social Media-Nutzung auf Natur und Umwelt festgestellt, darunter Störungen der Brut- und Fütterungsmuster von Tieren und das Zertrampeln gefährdeter Pflanzenarten.
"Das Aufkommen der sozialen Medien hat eine Auswirkung auf die Umwelt, die es sonst nie gegeben hätte", sagte Dr. Rob Davis, Dozent für Wirbeltierbiologie an der Edith Cowan University (ECU). Durch soziale Medien ist es leicht geworden, den Standort gefährdeter Pflanzenarten oder die Brutstätten von Vogel- oder Wildtierarten zu finden. Diese Informationen werden schnell verbreitet und verursachen dann einen großen Zustrom von Menschen in ein Gebiet, das sonst unberührt geblieben wäre. "Infolgedessen werden die Brut- und Fütterungsmuster der Tiere gestört, und es besteht ein erhöhtes Risiko für Raubtiere."
Bill Bateman, von der University School of Molecular and Life Sciences, erklärte, dass eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen die negativen Auswirkungen zu spüren bekommen. So gäbe es vom Aussterben bedrohte Vogelarten, die aufgrund von Störungen durch Fotograf:innen ein verändertes Nistverhalten an den Tag gelegt hätten. "Wir wissen auch, dass Orchideen sehr anfällig auf das Zertrampeln und Lebensraumveränderungen reagieren; viele Arten sind schon durch den zunehmenden Tourismus bedroht."
Die gute Nachricht
Aber trotz aller Nachteile kann das Fotografieren seltener Arten auch ein sehr wirkungsvolles Instrument zum Umweltschutz sein, das Umweltaktivismus, Naturverbundenheit oder Umweltbildung fördert, so Dr. Davis.
"Die große Reichweite der sozialen Medien bedeutet, dass die Inhalte auch von Wissenschaftler:innen für Naturschutzzwecke genutzt werden können, indem sie über 'Data-Mining' Inhalte auswerten oder aktiv mit Bürgerwissenschaftlern zusammenarbeiten." So könnten Daten gesammelt werden, was in einigen Fällen wohl auch schon zur Identifizierung mehrerer neuer Pflanzenarten geführt habe.
Die Forschungskooperation plädiert jedoch dafür, Verhaltensregeln und strengere Kontrollen in Bezug auf Naturbilder in sozialen Medien einzuführen. "Wir schlagen einen Rahmen vor, der die Arten berücksichtigt, die am stärksten durch Social Media-Aktivitäten gefährdet sind, insbesondere solche, die selten sind und die sich nur in einem begrenzten Gebiet befinden", so Dr. Davis.
"Viele Naturgruppen und -vereine haben bereits gut etablierte Verhaltenskodizes für verantwortungsvolles Verhalten, auch für Aktivitäten wie Vogelbeobachtung, Vogelfotografie und Orchideenfotografie. Das ist ein hervorragender Ausgangspunkt, aber die Regeln sind nicht verbindlich und beruhen darauf, dass der Einzelne das Richtige tut, oder darauf, dass die Gruppe Druck ausübt und unangemessenes Verhalten anspricht." Bislang sei das aber die realistischste Möglichkeit, die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt klein zu halten. Man sollte diese Verhaltensregeln allen Gruppen wärmstens empfehlen.
Die Forschungsergebnisse wurden in Science of the Total Environment veröffentlicht.
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Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 27. August 2024