Testudo
Beitrag zum Wettbewerb green poems von Antonia Wieck, 23 Jahre
Wurde abgelegt, zwischen Millionen von Sandkörnern.
Mitten unter anderen,
hunderten von mir.
Abesetzt. Alleingelassen. Ausgesetzt. Ausgestoßen.
Vergessen?
Mich befreit,
raus aus meinem Käfig und nach oben.
Sandkörner zur Seite, plötzlich Himmel über mir.
„Oh wie süß!“
Und nun bin ich nur süß,
nur klein.
Nur verloren.
Abhängig von ihren gezeichneten Wegen,
folgend ihren Linien.
Nur niedlich.
„Finde deinen Weg! Du hast es gleich geschafft!“
Habe ich es geschafft?
Will meinen eigenen Weg suchen, schwer in dem Chaos neben mir.
Kaum gefunden.
Beinahe verloren,
untergegangen zwischen den Körnern.
Schnell, schnell.
Gefahr über mir,
neben mir.
Bald unter mir.
Unvermittelt werde ich übermannt,
beinahe davon geschwemmt.
Nicht mehr süß.
Nur noch klein.
Kämpfe dagegen an, will weiter, tiefer.
Ich habe es geschafft!
Endlich im Wasser,
glatt und befreiend um meinen kleinen Körper.
Hier bin ich freier, alleingelassen, in Ruhe.
Plötzlich pfeilschnell, schlagartig unbeschwert.
So viel Freiheit,
so viel Leben um mich herum.
Nehme es in mich auf,
lasse es in mich hineintreten.
Sprühend. Hell.
Mich davon treiben, meinen Körper fliegen lassen.
Alles so weit vor mir,
so unglaublich.
Kaum zu fassen,
beinahe nicht zu begreifen.
Wunderschön.
Schneller, schneller.
Frei.
Und verloren.
Plötzlich untergegangen,
schlagartig die Welt über Kopf.
Das Stück hat sich um meinen Körper geschlungen.
Aus dem Nichts gekommen.
Nicht gesehen, nicht wahrgenommen.
Alles um mich herum nicht mehr frei, nicht mehr unglaublich.
Überschwemmt von Gegenständen,
versinke in dem Chaos.
Spitz schneidet es sich in meine Hautschuppen ein,
unerbittlich.
Keine Freiheit mehr.
Gehe unter.
Am Ende doch
Verloren.
Autorin / Autor: Antonia Wieck