Die Hoffnung, der Rausch und das Lachen
Beitrag zum Wettbewerb green poems von Helena, 25 Jahre
Meine Ahnen sagen gern, dass Hoffnung immer am Ende stirbt
Ich sage gern, dass der Gedanke an Hoffnung mir den Appetit verdirbt
Ich glaube nicht an Hoffen und ich hoffe nicht auf Vernunft
Die letzten Reste Klugheit starben,
als wir das erste Mikroplastik aus einem Menschen bargen
Und wir,
wir sitzen barfuß auf dem Balkon
Müllberge türmen sich und wir beginnen unsern Tanz von vorn
Den Ukraine-Krieg haben wir übers Radio mitbekommen
Den Sturm aufs Kapitol als Live-stream
Die Milliardäre in der Titan als Meme
Du hast mir auf der Couch von Gaza erzählt
Und nach jeder Begrüßung von einem neuen Problem
Dass Salzwasser-Fische nicht gezüchtet werden können und deshalb gefangen werden
Dass sie nach 6 Monaten elendig krepieren
Dass Zoos eine Schande sind
Dass die Müllinseln wachsen
Dass wir in den letzten 10 Jahren 12 Jahrhunderthochwasser hatten
Dass wir das Pariser Klimaabkommen nicht einhalten können
Dass der Pazifik-Strom zusammenbricht
Dass Äthiopien seit Jahren immer hungrig ist
Dass Shein, H&M und Zara, Gucci, Lacoste und Prada alle dieselben lebensbedrohlichen Fabriken
bezahlen
Aber ironischerweise nicht die Menschen, die darin arbeiten
Dass wir die Lösungen für all das haben
Aber niemanden, der sie einsetzen will
Du erzählst und du zerbrichst
Ich sitze da und blicke zurück
Das ist unsere Strategie
Ich erzähle von dem, was war
und wie taub wir alle sind
du schaust nach vorn und wärst gern blind
Wir können uns gerade so das Jetzt leisten, denn wir glauben nicht an Morgen
Gott, wann sind wir so gleichgültig geworden?
Ich will doch einfach nur mein kleines,
bescheuertes, unwirtschaftliches, unproduktives, ineffizientes, undankbares,
sinnstiftendes, kreatives, langweiliges, familiäres, behagliches
Leben führen
Das ist ja der Witz
Ich will nichts Krasses, Klein ist mir groß genug
Ich will nicht auf Demos gehen, keine Wahlprogramme auswendig kennen,
keine Argumente für Logik einüben, nicht streiten für das Mindeste
Ich will auf einer Wiese liegen
Und niesen, weil so viele Blumen blühen
Und abends, wenn die Sterne glühen,
will ich die Wärme meiner Freunde spüren
Ich will Gletscher sehen und wissen, dass Eisbären noch leben
Ohne in den Zoo zu gehen
Ich will ne bessere Begründung, keinen Fisch zu essen, außer dass er eklig ist
Ich will, dass wir unsere Probleme nicht ausblenden
Weil wir denken, dass der Kampf vergeblich ist
Ich will jung sein, in dem Wissen
wir geben unserer Heimat genug zurück, damit ich dumm sein kann
Stattdessen muss ich mir eingestehen,
wir lassen uns endlose Momente entgehen
Denn nichts geht über Menschlichen Stolz
Inzwischen sitzen wir auf dem Boden des Balkons
Die Sonne versengt unsere Nacken
Wir rauchen und wir lachen
Der Aschenbecher zwischen uns auf einem Karton
Und Morgen
Morgen hoffen wir wieder von vorn
Sie hatten Recht, Hoffnung stirbt zuletzt
Meist wenn man sich geschlagen gibt
Wenn die Waage in die falsche Richtung kippt
Gewinnt trotzdem der, der zuletzt nachgibt
Dass Wenige Alles haben und die Vielen sich mit den Katastrophen plagen,
Dass sie in Milch und Honig baden, während unsere Kinder klagen
sollte Grund genug sein, Hoffnung vor ihrem Fall zu bewahren
Ihr wollt leben, ohne an Morgen zu denken?
Bitte sehr.
Dann gehört der Morgen halt wieder uns
Ein Problem nach dem anderen
Gegen Abgase hilft nur Bunt
Gegen Plastik nur Gesund
Und gegen stumme Politik nur ein guter Grund
Was ist schon eure Luftverschmutzung gegen unseren Rückenwind
Und während wir zur nächsten Demo fahren
Streichen wir uns die Hitze aus dem Haar
Eigentlich wollen wir nur ne Zukunft haben
Doch wer die Erde liebt, der ist in Gefahr
Autorin / Autor: Helena