Zum Beispiel: Ein Gespräch mit M. Pressler
Wie läuft denn nun ein Interview im wirklichen Leben ab? Das kommt darauf an... Ein Beispiel zeigen wir euch hier.
"Malka Mai", "Shylocks Tochter", "Für Isabel war es Liebe", "Bitterschokolade" - viele von euch kennen sicher die Kinder- und Jugendbuchautorin Mirjam Pressler. Da sie so tolle Bücher schreibt und schon viele Preise bekommen hat, gilt sie als eine der Großen in der deutschen Literatur. Natascha hat sie in Köln getroffen.
Mirjam Pressler im Gespräch
*Natascha:* Mit mehr als 30 Kinder- und Jugendbüchern sind Sie ein feste Größe innerhalb der deutschen Literatur. Erlauben Sie sich, stolz zu sein?
*M. Pressler:* Das vergeht ganz schnell wieder. Ich nehme mich nicht in erster Linie darüber wahr, dass ich Autorin bin. Wichtiger für mich war, dass ich drei Kinder aufgezogen habe. Vielleicht spielt es auch eine Rolle, dass ich nicht mehr so jung war, als ich mit dem Schreiben angefangen habe. Natürlich bedeutet das nicht, dass ich mich nicht über den Erfolg freue!
*Natascha:* Sie geben mit Ihren Geschichten Kindern und Jugendlichen eine Stimme. Sind sie die interessanteren Menschen?
*M. Pressler:* Für mich sind sie es. Ober anders gesagt: Vielleicht nicht generell die interessanteren Menschen, aber in der Kinder- und Jugendzeit ist noch so viel offen, da gibt es so viel zu erzählen! Auch denke ich, dass jeder Autor sein Thema hat und daran festhält. Mein Thema sind die Kinder und Jugendlichen und deren Welt.
*Natascha:* Mit Ihrem Buch „Malka Mai“ greifen Sie auf ein historisches Thema zurück. Welche Recherchearbeit müssen Sie bei einem Buch mit historischen Bezügen leisten?
*M. Pressler:* „Malka Mai“ ist nicht das erste Buch mit einem historischen Thema. Bei „Shylocks Tochter“ habe ich viel mehr recherchieren müssen, bei „Malka Mai“ hat sich meine Recherchearbeit in Grenzen gehalten. Was ich aber z.B. brauchte, war eine Landkarte des Gebietes - die war schwer zu finden. In München gibt es das Institut für Zeitgeschichte und die hatten da eine Karte für die Zeit 1933 bis 1945, allerdings nur über ein Gebiet, das damals Polen war und heute Ukraine ist. Die Karte war wichtig für meine Arbeit, weil Malka und ihre Mutter unterwegs sind, Orte, Wege und Gebiete also für die Geschichte eine Bedeutung haben. In dem Institut hat man mir dann zum Glück helfen können.
*Natascha:* Die kleine Malka überlebt trotz aller Strapazen und Gefahren die Zeit der Verfolgung. Das sieht auf den ersten Blick nach einem Happyend aus...
*M. Pressler:* Was es natürlich nicht ist. Malka ist am Ende der Geschichte nicht mehr das Mädchen, das es vorher war – das kann sie gar nicht sein. Auch die Mutter von Malka ist nicht mehr die Frau, die sie war. Gerade das, was Malka erlebt hat, ist traumatisch für ein Kind.
*Natascha:* In Ihren Büchern taucht auch immer wieder das Thema Judentum auf. Welche Bedeutung hat es für Sie?
*M. Pressler:* Das Judentum ist ein Teil meines Lebens, aber ich habe es gar nicht mit der Religion. Das Judentum hat für mich eine kulturelle und historische Bedeutung.
*Natascha:* Herzlichen Dank für das Gespräch, Frau Pressler!
Autorin / Autor: Natascha Bleckmann - Stand: 7. Dezember 2002