Bücherwürmer und Menschenmassen

Julika war zum ersten Mal auf der Frankfurter Buchmesse und lässt euch teilhaben an ihren Eindrücken

Vom 16.10. bis 20.10 diesen Jahres wagten sich alle Bücherwürmer und sonstige Interessierte aus allen Teilen der Welt wieder nach Mainhattan - der Stadt Frankfurt, in der jedes Jahr eine gleichnamige Zusammenkunft stattfindet: die Frankfurter Buchmesse. Wie jedes Jahr vereint das große Messeareal in der Zeit Menschen, deren Herz für bedruckte Seiten schlägt, Menschen, die diese entstehen lassen und Menschen, die diese geschriebenen Zeilen in die Welt tragen. Es würden viele Interessierte kommen, das war von Anfang klar, nachdem es im vorigen Jahr einen riesigen Ansturm auf die Stände und Hallen gab. Viele, die ihre Bücher signiert haben oder mit Freund*innen, die sie nur ein oder zweimal im Jahr auf ebendiesen Messen sehen, durch das Gedränge schlendern wollen. Wie ich als Neuling auf meiner ersten Messe den Trubel wahrgenommen habe, was dieses Jahr besonders war und was für die nächste Messe im Oktober 2025 ansteht, das erfahrt ihr in diesem Recap zur Frankfurter Buchmesse 2025.

Auf die Plätze, fertig, los…

Mittwoch, 16. Oktober, 9:00. Der Startschuss für alle, die sich im Voraus als Fachpersonen akkreditiert hatten - egal ob Bloggende, Autor*innen oder das Standpersonal - fiel. Es herrschte geschäftiger Trubel bereits bei einigen Talks, aber auch Verlagen, wie aus den Pressemitteilungen zu entnehmen war, denn bald ergab sich eine positive erste Bilanz:. Die Buchmesse empfing dieses Jahr neun Prozent mehr Fachpersonen, die sich bei 7,5 Prozent mehr Austeller*innen tummelten und die Gestaltung der Stände betrachteten. Dies erfreute natürlich auch das diesjährige Gastland Italien, dem eine eigene Halle zu Teil wurde, besonders während der Fachtage, um die italienische Kultur in Aufbruchsstimmung mit dem Motto "Verwurzelt in der Zukunft“ den Menschen näherzubringen. Dazu wurden jedoch auch im Voraus kritische Stimmen laut, da die Regierung der Postfaschistin Meloni einige regierungskritische Autor*innen nicht eingeladen hatte und diese dann von deutschen Medien auf die FBM geholt wurden.

Ich selbst reiste erst am Messesamstag an, mit jeder Menge Aufregung und Vorfreude auf das Erlebnis im Gepäck sowie meinem Journal, das nach der Zeit mit hoffentlich neuen Erinnerungen und Unterschriften gefüllt war… Was sofort ins Auge fiel, als ich den ersten Schritt auf buchigen Boden setze, war die Anzahl des Sicherheitspersonals vor Ort. Bei so einem großen Event sind die Auflagen selbstverständlich streng; jedoch verlief alles routiniert, sodass wir uns nur einmal dem Laserblick einer leuchtenden Schranke unterzogen, bevor wir weitergehen und uns entscheiden mussten, welchem Strom der sechs Hallen wir uns zuerst hingaben. Internationale Verlage, Wissenschaft, Kunst, Jugendbuch und Kinderbuch, italienische Literatur und… das neue New Adult-Areal gab es zu sehen. Letzteres wurde mit viel Begeisterung der Leute quittiert, die sich bereitwillig in die Schlangen vor Ständen wie Chest of Fandoms oder Bücherbüchse einreihten, um die liebsten Lektüren mit Farbschnitt und passenden Goodies zu ergattern.

Voll, voller, … LYX

Mein Laufweg am Messewochenende beschränkte sich des Weiteren auf Halle 3.0 mit den Jugendbüchern und dem Weg zur Halle 1.2 und zurück. Mir gelang es, nahezu allen Verlagen mit ihren liebevoll gestalteten Dekowänden, Charakterkarten und Fotospots einen Besuch abzustatten, bis auf den neuen Stern am Buchhimmel. Der LYX-Verlag, gegründet vor etwas mehr als 15 Jahren. Als ich mich auch dort auf Eroberungszug nach Büchern begeben wollte (obwohl ich O-Ton "Gar keine neuen Bücher brauche“, wir kennen das Phänomen) erfuhr ich, dass bereits im September Tickets für das alleinige Betreten des Standes verkäuflich gewesen waren und ich mich als Unvorbereitete in den Wartebereich hätte stellen müssen. Ich, motiviert genug, wenn auch mit allmählich schmerzenden Gliedern, machte mich auf dem Weg, um wenig später von einer Mitarbeiterin zu erfahren "dass selbst der Wartebereich überfüllt wäre“. Die Leute warteten wohl seit 2 oder 3 Stunden auf den Einlass und waren damit ziemlich zufrieden, so wie ich hörte, da die vorjährige Wartezeit wohl auch locker das Dreifache betragen hatte. Also nicht verwunderlich, dass der Imprint von Bastei Lübbe auch zum BookTok Verlag des Jahres gekürt wurde mit einer Rede der Social Media Managerin @missnerdstagram, die auf die Laudatio zu der Verleihung mit den Worten einging, dass es "nicht nur um starke Männerarme und Frauen in kurzen Röcken gehe, sondern um viel mehr“.

Von a nach b nach…

Neben Neuerscheinungen, Treffpunkten für Long-Distance-Freund*innen und Chancen für Nachwuchsautor*innen ist die Frankfurter Buchmesse besonders für eine Sache bekannt: die Menschenmassen, die sich durch die Gänge schieben. Wer mit eigenen Augen den Trubel sieht, der wird kaum wieder die Worte in den Mund nehmen, dass doch eh niemand mehr lese. Denn die nach eigenen Angaben ca. 230 Tausend Besuchenden in diesem Jahr beweisen das Gegenteil. Die Leidenschaft, in andere Welten nur anhand von Worten einzutauchen, kommt zurück. Oder sie war vielleicht auch nie weg.

Für das reizintensive Gedränge gab es auf der Buchmesse glücklicherweise „Relax-Areas“, zum Zurückziehen während der Messe. Dass selbst diese überfüllt waren, war wohl nicht ganz vorgesehen, aber gut… dafür gab es Gratispopcorn an der Nerdbar im neuen New Adult-Areal und das allseits beliebte Italien als Gast, wobei sich mir da eine Frage stellte.

Jedes Jahr, so habe ich mir sagen lassen, gibt es ein Gastland, das sich auf der riesigen Veranstaltung in eigener Halle mit eigenen Ständen und Events präsentieren darf. So weit so gut, dachten wir positiv angetan und statteten dem einen Besuch am Messewochenende ab. Nur um festzustellen, dass der Bereich nach den Tagen kahl und ein wenig vereinsamt ohne viele Werke zum Kaufen war, augenscheinlich nur für die Fachbesucher*innen gedacht. Das fanden die meisten doch schade, gerade auch, weil viele Menschen natürlich aus Italien gekommen waren um "ihr Land“ auf der Frankfurter Buchmesse zu besuchen.

Wie viel Deko darf es sein? FBM: Ja

Wer sich einen Überblick über das ungefähr 592.000 Quadratmeter Grundflächen große Gelände verschafft hat, dem wird es nicht entgangen sein. Mir, gerade als Neuling mit großen Augen durch die Hallen laufend und alles aufsaugend, fielen die vielen Instagram- und TikTok-tauglichen Fotospots auf. Ob bei Thalia, Loewe, ONE, überall ließ es sich vor einer sorgfältig eingerichteten Ecke, meist voller Bücher oder Charakteren aus eben diesen, posieren. Was mir eigentlich wie eine schöne Idee vorkam, entwickelte sich oft zu Drängeleien und langen Schlangen vor den Wänden. Schnell stellte ich mir die Frage, ob der Dekoaspekt hier fast wichtiger schien als das Bücherlesen selbst. Immer noch habe ich keine richtige Antwort auf diese Frage gefunden, da ich mich auch selbst nicht von der Faszination für solche cuten Ecken, manchmal auch zu einer bestimmten Thematik, freimachen konnte. Es bleibt Geschmackssache, ob man so eine Erinnerung und vielleicht noch die passenden Hashtags für die sozialen Medien möchte oder nicht. Es steckte auf jeden Fall Arbeit in den Details zur Standgestaltung.

Einmal FOMO bitte, danke

Immer wieder hört man natürlich auch dieses Jahr die Stimmen der Menschen, die zu Hause in ihren Lesesesseln blieben, etwa aus Krankheit, fehlendem Geld oder auch psychischen Problemen. Obwohl ich alle Jahre meines bisherigen Lebens gut damit gefahren bin ohne Wissen, dass diese Messen überhaupt existieren, kann ich dieses nagende Gefühl und die Angst, etwas zu verpassen, verstehen. Gerade bei den vielen bekannten Stars aus der Buchwelt, die anreisten, Signierstunden gaben und Talks führten, war natürlich viel los und immer eine Menge zu entdecken, ohne das Langeweile aufkam. Doch dies ist häufig genau der Grund für das Nicht-Fahren zur Buchmesse… Reizüberflutung und Hochsensibilität. In den Menschenmassen ist es häufig zu einfach, sich zu verlieren oder zu verlaufen, geschweige denn überfordert von den vielen Eindrücken zu sein. Deswegen, falls ihr euch angesprochen fühlt: Glaubt mir, es ist auch etwas Schönes, die Füße hochlegen zu können, statt sie sich auf dem Messeareal von a nach b wund zu laufen, mal nicht emotional und digital verfügbar zu sein ist auch vollkommen okay <3. Falls ihr doch noch verständlicherweise darüber nachdenkt, ob und was ihr verpasst habt, hier mein ..

Fazit

Es war super beeindruckend. Sowohl im negativen als auch positiven Sinne. Denn als Erstes griff mein Fluchtinstinkt, kaum hatte ich einen Bereich betreten, zweifelte ich kurz an der Entscheidung meines Besuches auf der Messe. Später lernte ich aber coole Menschen kennen, mit denen es sich über die Messe schlendern ließ und sah mich selber um, war einfach angefüllt mit Eindrücken, die ich zu ebendieser Sekunde noch verarbeite. An Organisation ließen sich Dinge bemängeln, wie bspw. die Repräsentation Italiens (s.o. ) oder auch die nicht funktionierende App "Frankfurt Connect“. Alles in allem bin ich aber dankbar, es erlebt haben zu dürfen, bin mir sehr sicher, dass ihr nur begrenzt Dinge verpasst, denn nächstes Jahr findet die Messe wieder statt. Und danach wieder. Und dann wieder. Für nächstes Jahr könnt ihr übrigens schon mal Filipino und Englisch wälzen, um euch auf das Gastland Phillipinen vorzubereiten. #fbmisreading24 und ihr?

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Autorin / Autor: Julika - Stand: 24. Oktober 2024