Domino
Beitrag zum Wettbewerb green poems von Anna, 19 Jahre
1,5 Grad – gerissen. Kipp-Punkte fallen,
wie Karten, verschlissen.
Die Stimmung kippt,
Arten sterben – wir zählen nicht mal mehr,
und ich steh’ da, ohnmächtig und leer.
Die Welt sie brennt und was tu’ ich?
Na klar – ich schreib’ darüber ein Gedicht.
Bewege, was? Den Stift in meiner Hand!
Und wenn’s mich richtig vor Wut packt, rufe ich Revolution
und unterschreib die neueste Petition.
Währenddessen?
Die Wälder brennen, die Meere steigen,
der Asphalt frisst Wasser,
wir sind Sklaven des Schweigens.
Und ich sitz’ da und merk, es ist so einfach, wegzusehen
sich einfach wegzudrehen.
Weil Eskapismus warm ist und weich,
ein Privileg, das wir nur haben in unserem kuschligen Reich
aus Verdrängung.
Schwimmen im Überfluss, nehmen, was uns passt
und reden nicht übers Klima am Feierabend,
lieber übers Wetter. „Schau her, Schnee im November?
Alles halb so schlimm”
Aber Sommer brennt wie Feuer im Nacken, Schweiß perlt über den Beton
Und trotzdem: Wir schauen weg, sehen Wälder brennen, lassen Kohle qualmen,
unsere Städte? Asphaltskelette, atmen schwer, wie wir, im Trott des Trotzes.
Nennen wir’s Kultur.
Nennen’s Tradition.
„War schon schließlich immer so“
Eine Hymne an den Stillstand, ein Armutszeugnis, das wir täglich unterschreiben.
Aber hey, Marla hat jetzt Solar,
Jürgen fährt jetzt nur noch Rad,
Sahra isst vegan,
Und Thorsten, ja Thorsten, der denkt schon d'rüber nach.
Wir machen Schritte auch lächerlich kleine,
Schritte für Schritte, bis ein Dominostein zittert und dann endlich fällt. Impuls für Impuls
Komm, lass uns fallen, nicht in Trägheit, sondern ins Tun.
Lass uns brennen, nicht aus Angst,
sondern aus Liebe zu unserer Erde, die noch bleibt, wenn wir den Mut aufbringen, für den ersten
Schritt und für dass auf Schritte Sprünge folgen.
Heute schreibe ich Gedichte,
morgen schreiben wir Gesetze
und alle zusammen schreiben wir Geschichte!