Der stumme Zeuge

Beitrag zum Wettbewerb green poems von Elina G., 16 Jahre

Eine Schwalbe streifte durch die Nacht,
die Luft, der Wald, das Wasser erwacht. 
Suche nach dem, was verloren ist, 
noch ehe es uns‘re Welt vergisst. 

Eine Schwalbe glitt hoch über die Welt, 
wo der Wind Geschichten flüsternd erzählt. 
Die Luft einst so klar, von Frische erfüllt, 
jetzt schwerer und grau, von Rauch dicht umhüllt. 
„Was ist geschehen?“, so raunte sie stumm, 
„Der Atem der Erde ist fort, warum?“ 
Der Himmel verhüllt, der Sternenschein blass, 
die Menschheit vergaß, was einst war ihr Schatz.

Die Schwalbe fliegt weiter, tief in den Wald, 
wo das Grün einst so dicht, nun Stille hallt. 
Die Bäume, sie flüstern von alter Pracht, 
doch viele davon sind stumm in der Nacht. 

„Hier stand ein Riese“, ein alter Baum klagt, 
„Gefällt, verbrannt, wer hatte das gewagt?“ 
Die Axt und das Feuer waren so schlecht,
doch diesen Wald zu töten ist nicht Recht.

Der Fluss, er schlängelte sich durch das Land, 
einst glitzernd und rein, wie ein blaues Band. 
Doch jetzt trüb und schwer, belastet und krank, 
die Schwalbe fragte: „Warum dieser Trank?“ 
„Die großen Städte“, rief der Fluss ihr zu, 
„sie gaben mir Gift, ich konnte nicht ruh’n. 
Sie zogen den Segen aus meinem Lauf, 
nun bring‘ ich Tod, so sieht es jetzt hier aus.“

Am Ufer des Sees, da fliegt sie allein, 
blickte hinein in das Wasser so fein. 
Doch trüb und verschmutzt, der Grund voller Leid, 
Klarheit verschwunden, gestohlene Zeit. 
„Hier spiegelt sich nichts“, sprach sie beklommen, 
„kein Bild mehr vom Himmel ist entkommen.“ 
„Müll und Abwässer, sie kamen hierher, 
nahmen den Frieden, mein Leben ist schwer.“

Zuletzt das Meer, das im Schwanken ständig, 
es rauschen Wellen einst so unbändig. 
Doch zwischen dem blauen glimmernden Feld, 
Plastik und Öl, bis zum Ende der Welt. 
„Was wurd‘ getan, dich so zu entstellen? 
Wo ist die Kraft? Der Sturmwind schlug Wellen!“ 
„Die Menschen“, flüsterte das weite Meer, 
„sie nahmen alles und geben nichts her.“

Die Schwalbe seufzte, sah all das Leid, 
die Reise endet, endlich befreit. 
Sie wusste nun, was verloren ging, 
doch auch, dass Hoffnung in Taten liegt.

Autorin / Autor: Elina G.