Ort der wundervollen Verzweiflung

Beitrag zum Wettbewerb green poems von Toni, 19 Jahre

Ich starre in das Loch.
Kohlegrube. Lützerath 2023.
Ich bin siebzehn.
Ein Zirkuszelt und ein verstimmtes Klavier.
Um-baggert, umkämpft und belebt,
die Klaviermusik bewegt.
Dieser Ort bewegt mich.
Es sind schiefe Klänge.

Meine Hände schaufeln,
haben einen Berg aus Erwartungen gebaut,
ich war auf der Straße, war laut,
habe mich bis an die Spitze getraut.
Fühle mich Naiv.
Was habe ich erwartet?

Ein Schloss am Strand aus Erde, Kohle und Sand.
Rangt empor und sticht hervor,
seht her, so schön könnt das Leben sein.
So schön kannst du’s dir machen,
deine Karriere, dein Schaffen.
Die Erde bebt, Wasser kommt empor, herab, wird knapp..
das Schloss ertränkt.
Trieft trotzige Trauer, tragisch.. ein Schicksalsschlag.
Nur ein Rest Kohle liegt am Strand.
Diese wird vorsorglich, verbrannt.
Unzweifelhaft. Bequem soll es doch bleiben.

Meine Hände schaufeln.
Schaufeln immer tiefer.
Die kleinen Hände.
Suchen nach dem Grund.
In Grund und Boden,
da steckt das Kapital,
der Profit, die Kohle..

Es ist Januar, kalt, mein Atem warm.
Da ist Angst und Trauer und Scham.
Ich schäme mich,
für die Entscheidungen die getroffen werden,
uns vermeintlich nicht betreffen,
während Dämme bereits brechen.
Ich bin wütend.
Unter anderem auf das Loch.
Reingefallen, hineingefallen, als wäre es ein Versehen.
Aus-versehen, aus-Gier, aus-gänzlicher Absicht.
Aus-Zuversicht, das unser Damm sicher niemals bricht..

Dein Kopf liegt auf meinem Schoß,
Er ist ganz schwer,
vom zerdenken, verrenken und ablenken.
Vom ganzen Lärm,
weil wir uns gegeneinander ausspielen,
Verantwortung zuteilen, denen zutragen, die ohnehin Probleme haben,
Verzichten, Verdrängen uns einengen.
Wer von Ursachen nichts wissen will, der kennt nur Schuldige.
Gegeneinander Existieren.
Klassenfrage.
Wir müssen aufzeigen.
In Grund und Boden, da steckt das Kapital.
Aber aufzeigen, weil das Monopol, der Kapitalist,
hingegen, ganz weit oben ist.
Ich hab deinen Kopf gerne auf meinem Schoß.

Ich zeige auf Sie und die Ökonomie.
Will nicht mehr in das Loch starren.
Nicht in Ohnmacht verharren.
Kein Konzern, Profit dieser Welt,
kriegt mein Streben nach einem gutem Leben sicher gestellt.
Wir müssen verändern.
Uns verändern, uns an die Umstände wagen,
kollektiv die Verantwortung tragen.
Für das gute Leben für alle.