Die Sprache der Bäume

Beitrag zum Wettbewerb green poems von Marie Berlovitz, 25 Jahre

Ich spreche oft mit den Bäumen,
weil ich sie als Teil einer übernatürlichen Welt empfinde,
die mir dennoch rational erscheint.
Ich bin kein besonders spiritueller Mensch.
Oft fehlt mir sogar der Optimismus.
Doch fühle ich eine überwältigende Verbundenheit mit den Bäumen.
Mein Vater liebte Bäume,
und oft,
wenn wir durch den Wald gingen,
sprach ich mit ihm, nur um zu merken,
dass er 50 Meter hinter mir stehen geblieben war,
glücklich verloren
in einem staunenden Blick.
Eine Douglasie, sagte er.
In den letzten Tagen habe ich mich von der Natur entfernt,
fühlte, dass es Kraft bräuchte,
um frische Luft zu atmen.
Heute musste ich hinaus,
als ich ankam, fühlte ich mich geerdet, indem ich nach oben schaute
Doch wurde dies schnell von einem Gefühl
der Schuld
überlagert.
Also begann mein Gespräch
mit einer Entschuldigung.
Ich fühlte, dass ich die Bäume zu lange gelassen hatte.
Ich hatte ihnen nicht die Bewunderung gegeben, die sie so verdienen.
Und als ich mit dem Fahrrad den Pfad entlangfuhr, sagte ich,
„Es tut mir leid, dass ich so lange fort war.“
Ich möchte nicht, dass meine Abwesenheit als Undankbarkeit verstanden wird.
Ich möchte nicht wie andere Menschen sein, die Bäume naiv sehen, als
ornamentales Beiwerk,
unspektakulär,
bloß immerwährenden
Teil des Alltags.
Schon während ich das sagte, fühlte ich eine Antwort.
Ich hatte den Bäumen eine Geschichte aufgedrängt, die sie nicht für sich beanspruchen.
Sie erwarten nicht, als Spektakel wahrgenommen zu werden.
Das tun sie nicht,
erwarten.
So wie ich sie nicht immer verstehe,
verstehen sie mich auch nicht immer.
Sie empfinden mit,
bedingungslos.
Ich bin nie gekommen.
Ich bin nie gegangen.
Sie erinnern mich daran,
dass das Wasser, das mein Blut fließen lässt,
das Wasser ist, das ihre Wurzeln aufsaugen,
dass die Luft, die ich atme, die Luft ist, die sie ausatmen.
Dass die Vibration meiner Schritte schließlich ihre Stämme durchzieht,
ihre weit verzweigten Arme erreicht,
um im Takt mit den Eichhörnchen und Spatzen zu schwingen, die dort ihr Zu-hause finden.
Sie erinnern mich daran, dass Entfremdung nur ein Gefühl ist.
Selbst das Meer
ist eine Brücke.
Egal wohin wir gehen,
ob lebendig oder nicht mehr,
wir werden immer verbunden bleiben.
Alle.
Alles.
Während ich zurück in den Beton-Dschungel radle,
weiß ich, die Bäume sind bei mir,
und ich weiß,
ich kann
weiter.

Autorin / Autor: Marie Berlovitz