Immer mit der Ruhe!

Studie zeigt: Geduld ist keine Tugend, sie ist ein Bewältigungsmechanismus

Ihr kennt sicher das Phänomen: Während ihr in einer (unerwarteten) Schlange wartet und euch vor Ungeduld fast der Kragen platzt, ist eure Freundin die Ruhe selbst und kann die Aufregung so gar nicht nachvollziehen. Woher kommt dieser unterschiedliche Umgang mit derselben Situation? „Philosophen und Religionswissenschaftler bezeichnen Geduld als eine Tugend, aber die meisten Menschen behaupten vo sich, ungeduldig zu sein“, erklärt Psychologieforscherin Kate Sweeny von der University of California Riverside. Dies brachte sie auf die Idee, der Frage nachzugehen, ob es bei der Geduld vielleicht weniger darum geht, ein guter Mensch zu sein, sondern eher darum, wie wir mit alltäglichen Frustrationen umgehen.
Für ihre Untersuchung versuchte sie eine bessere Defintion dafür zu finden, was Geduld und Ungeduld ausmacht und welche Faktoren sie bestimmen.

Ungeduld, so kam sie in drei Studien mit 1 200 Personen zu dem Schluss, ist das Gefühl, das Menschen empfinden, wenn sie mit einer Verzögerung konfrontiert sind, die ihnen ungerecht, unangemessen oder unpassend erscheint. Zum Beispiel ein Stau außerhalb der Hauptverkehrszeit oder eine Besprechung, die schon vor 15 Minuten hätte beendet werden müssen. Geduld ist also die Art und Weise, wie wir mit Gefühlen der Ungeduld umgehen.

In der Psychologie spricht man von „Emotionsregulierung“, um die vielen Strategien zu erfassen, die wir einsetzen, um die Intensität unserer Emotionen zu verringern (oder manchmal auch zu erhöhen). Geduld, so behauptet Sweeny in einem Aufsatz, ist eine Untergruppe dieser Strategien, die insbesondere auf Gefühle der Ungeduld abzielen.

Stau, überlange Besprechung oder Wartezimmer

In verschiedenen Studien wurden die Teilnehmenden gebeten, über ihre Reaktionen auf verschiedene frustrierende Situationen nachzudenken, denen man im täglichen Leben begegnen kann. In einer Studie war es ein Stau, in einer anderen eine lange, langweilige Besprechung, und wieder in einer anderen wurden sie aufgefordert, sich vorzustellen, dass sie in einem Wartezimmer festsitzen.

Die Teilnehmer:innen gaben an, wie ungeduldig sie sich in der jeweiligen Situation fühlen würden und ob sie ihrer Ungeduld durch Strategien wie Ablenkung, tiefes Atmen oder das Betrachten der positiven Seiten der Situation begegnen würden.

In der Studie zeigten sich drei Szenarien, die einen „perfekten Auslöser“ für Ungeduld darstellen: wenn relativ viel auf dem Spiel steht (Stau auf dem Weg zum Konzert einer Lieblingsband), wenn der Zustand des Wartens unangenehm ist (keine Sitzplätze und keine Ablenkung) und wenn jemand eindeutig die Schuld an der Verzögerung trägt (das Labor hat vergessen, den medizinischen Test zu bearbeiten). Die Menschen fühlten sich auch ungeduldiger, wenn die Wartezeit länger war als erwartet.

Obwohl fast alle Teilnehmer:innen angaben, sich zumindest ein wenig ungeduldig zu fühlen, waren einige Menschen geduldiger als andere. Die Geduldigeren waren diejenigen, die kein Problem mit Situationen mit offenem Ausgang hatten und emotional stabiler waren. Auch "emotional Erfahrenere" und Teilnehmende mit einem hohen Maß an Einfühlsvermögen sagten, dass sie geduldiger reagieren würden, selbst wenn sie sich anfangs ungeduldig fühlten.

„Unsere ersten Ergebnisse stützen viele unserer Vorstellungen von Geduld und Ungeduld“, so Sweeny abschließend. „Wir müssen noch viel lernen, aber unser Ansatz ist sehr vielversprechend, wenn es darum geht, Menschen dabei zu helfen, mit ihren Ungeduldsgefühlen umzugehen und letztendlich in ihrem Alltag geduldiger zu werden.

Die Ergebnisse der Studie wurden in der Zeitschrift Personality and Social Psychology Bulletin in dem Artikel When Time is the Enemy: An Initial Test of the Process Model of Patience“ veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 21. Februar 2025