Unterrepräsentiert

Studie zur politischen Teilhabe von jungen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte

Über 30 Prozent der hierzulande lebenden Bevölkerung haben eine Migrationsgeschichte, davon haben etwa die Hälfte die deutsche Staatsangehörigkeit und könnten also z. B. Mitglied des Bundestags oder eines anderen politischen Gremiums werden. Diese Vielfalt spiegelt sich aber bislang leider nicht in der politischen Repräsentation wider. Besonders junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sind seltener politisch aktiv (11 %) als Gleichaltrige ohne Zuwanderungsgeschichte (40 %). Das zeigen Daten aus dem Integrationsbarometer 2024 des Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR). Dr. Nora Storz, Autorin der Studie findet das problematisch, denn Teilhabe hieße auch politische Zugehörigkeit, was die Identifikation mit dem Gemeinwesen und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärke.

Gezieltere Ansprache erwünscht

Mithilfe qualitativer Interviews geht die Studie der Frage auf den Grund, warum junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte so wenig politisch beteiligt sind. Dr. Storz nennt einige Ursachen: „Einige Befragte sehen ihre Interessen in der aktuellen politischen Landschaft nicht gut vertreten. Sie wünschen sich eine gezieltere Ansprache durch die Politik, zum Beispiel an Orten, die verstärkt von jungen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte frequentiert werden, etwa in Schulen oder benachteiligten Stadtteilen, aber auch in den sozialen Medien“. Das würde den Zugang zur Politik erleichtern, denn oft fehle es den Befragten an Wissen über politische Strukturen und Beteiligungsmöglichkeiten. Dafür sei auch politische Bildungsarbeit entscheidend. Die Studie empfiehlt darum, politische Bildung schon ab dem Grundschulalter in die Schulen zu bringen und Kooperationen mit außerschulischen Bildungsträgern einzugehen. Auch Vereine, Migrantenorganisationen und sonstige zivilgesellschaftliche Akteure könnten hier eine zentrale Rolle spielen.

Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen

Junge migrantisch wahrgenommene Menschen berichten in den Interviews auch von Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen. Diese motivieren zwar manche dazu, sich politisch zu beteiligen, um der Ungerechtigkeit etwas entgegenzusetzen. Andere halten aber diese Erfahrungen davon ab, sich (weiterhin) politisch zu engagieren.

Hier müssten gesamtgesellschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Teilhabe ohne Rassismuserfahrungen ermöglichen. Dr. Jan Schneider, Leiter des Bereichs Forschung beim SVR empfiehlt zum Beispiel Antirassismustrainings für Personen in politischen Führungspositionen und Lehrkräfte. Viele Befragte nehmen Parteien als nicht-diverse Räume wahr, die weder ihre Erfahrungen noch Perspektiven anerkennen. „Man redet über Menschen, aber nicht mit den Menschen“, beklagt sich einer der Interviewten. Dabei würden auch Parteien von mehr Vielfalt profitieren. Indem sie die Interessen junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte berücksichtigen, können sie auch neue Mitglieder und Wählerstimmen gewinnen. „In der parlamentarischen Demokratie sind die Parteien gefordert, sich stärker als bisher für junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu öffnen und ihnen attraktive Angebote zu machen – ganz in ihrem eigenen Interesse“, so Dr. Schneider.

Über die Studie

Die Studie entstand im Rahmen des Praxisprojekts „YoungUP!, Junge BIPoC für Teilhabe ermutigen, begeistern und aktivieren“ das vom Förderverein des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats e.V.  (BZI) durchgeführt und von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und zugleich Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus gefördert wird. Dazu sagt Staatsministerin Reem Alabali-Radovan: „Menschen mit Einwanderungsgeschichte sind noch längst nicht gleichberechtigt in der Politik vertreten. Das ist ein Problem, denn mangelnde Repräsentation schwächt die Demokratie und den Zusammenhalt in unserem Land. Das Projekt ‚YoungUp!‘ ermutigt junge Menschen mit Einwanderungsgeschichte, sich politisch zu engagieren, der eigenen Stimme mehr Gehör zu verschaffen und es zeigt Wege auf, wie ihre politische Teilhabe besser gelingen kann.“

Die Studie zum Download

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 19. März 2025