Das legen zumindest die beiden weiblichen Hauptrollen des Films nahe, denn keine von beiden wird anscheinend so recht glücklich mit einem selbstbestimmten Leben. Carolin darf zwar in quasi jeder Einstellung zeigen, dass sie diejenige ist, die das Sagen hat – merke: Frauen, die wissen, was sie wollen, sind überspannte Zicken, die ständig unter Strom stehen und überzogene Forderungen stellen. Letztendlich aber endet sie damit doch nur im deprimierenden Abseits, nachdem sie zuerst ihre Beziehung und dann ihre Affäre in den Sand setzt. Nele dagegen bekommt ihr Happy End, denn sie macht ja auch durchgängig alles richtig: Alles, was sie im Verlauf des Films tut, ist irgendwie auf Alex oder, um für das nötige Eifersuchtsdrama zu sorgen, ihren On-Off-Freund Etienne ausgerichtet. Einzige Ausnahme dazu vielleicht ihr Greenpeace-Engagement unter dem Motto: Rettet die Pandas! Aber selbst das liefert eigentlich nur Stoff für Gespräche mit den beiden Männern.
Weniger auffällig, aber dafür umso verstörender, fand ich die Frage, wie das Thema Berufstätigkeit in diesem Film gehandhabt wird. Verstörend vor allem deshalb, weil ich fast vermuten würde, dass hier keine direkte Plot-Strategie am Werk war – die Charaktere bekamen vermutlich einfach spontan Berufe, die zu ihnen „passen“ sollten, und Rollen, die allein über ihren Beruf definiert sind, wurden ebenso gedankenlos mit Schauspieler*innen besetzt. Das jedenfalls würde ich jetzt einfach mal unterstellen – es beruhigt mich allerdings nicht. Im Folgenden eine kleine Auflistung von weiblichen und männlichen Berufen, die „What a Man“ zu bieten hat:
Verkäuferin/Bedienung im Café (Nele)
nicht näher definierte, maßlos überforderte Karrierefrau (Carolin)
tyrannische Sportlehrerin
Stewardess
Krankenschwester
Physiotherapeutin
verständnisvoller, aber durchsetzungsfähiger Lehrer (Alex)
Fotograf (Carolins Nachbar/Affäre)
Hausmeister
Arzt
Waldschrat-going-on-Persönlichkeitscoach
Pandarettender Greenpeace-Aktivist
Fällt etwas auf? Die Berufe, in denen Anweisungen gegeben werden, üben durchweg Männer aus. Aus der Reihe tanzen hier vielleicht Carolin (die, wie bereits gesagt, als hoffnungslos überfordert dargestellt wird und mehrfach wegen beruflichen Stresses beinahe in Tränen ausbricht) und Alex´ Sportlehrerin, an die in Rückblenden immer wieder erinnert wird – implizit eine der Personen, die Alex ein Trauma verpasst haben, weil sie so viel „männlicher“ auftritt als er es jemals geschafft hat. Skandal! Eine Frau! Männlich!
Dann doch lieber Frauen, die sich irgendeiner Art von Serviceleistung widmen, flugangstgeplagte Passagiere trösten, Schultern und Hüften massieren (sexuelle Unter- und Übertöne inbegriffen) und Analspreizer reichen. Solche Hilfstätigkeiten sind natürlich unter der Würde eines Mannes – und dass sich diese Aussage aus dem Film herauslesen lässt, davon bringen mich auch zwei eventuell leicht unkonventionelle Männerberufe nicht ab: Greenpeace-Aktivist und Hausmeister sind zumindest keine klassischen Autoritäts-Rollen. Aber konterkarieren sie wirklich das allgemeine Bild? Wohl kaum, denn Etienne wird mit seinem Aktivismus, der vor Ort in China in Aktionen mündet, die für Nele „zu gefährlich“ sein könnten, als Gegenpart dargestellt zu den durchgängig weiblichen Panda-Unterstützenden, die sich im lustigen Plüschkostüm in die Fußgängerzone stellen und „Save the Pandas!“ rufen.
Und Macho-Hausmeister Okke? Symbolisiert leider nur die fragwürdige Darstellung von Ausländern in „What a Man“. Klischees werden hier unkritisch und unnötig übernommen, denn, wie wir alle wissen: Deutsch-Türken haben eine riesige Familie, Sprachprobleme und minderwertige Jobs, Asiaten sind konfliktscheu und nicken alles ab, Franzosen sind leichtlebig und lassen ihre Frauen sitzen.
Noch eine weitere Ebene wurde im Verlauf des Diskussionsabends angeschnitten: Sind es vielleicht die in dem Film vorkommenden Kinder, die Geschlechterklischees aufbrechen? Immerhin beeilt sich Alex immer wieder, einem seiner Schüler klarzumachen, dass gefährliche Kletteraktionen nicht das richtige Mittel sind, das Herz eines Mädchens zu erobern, und die beiden portraitierten Kinderfreundschaften zeigen keine Cliquenbildung (Jungs gegen Mädchen), sondern vielmehr gemischtgeschlechtliche Freundschaftspaare.
Meiner Ansicht nach ist das jedoch nicht genug, um zu sagen, die kritischen Elemente, die in den Beziehungen der Erwachsenen gezeigt werden, würden hier aufgebrochen. Eher werden sie noch zementiert: Rückblenden zu Alex´ und Neles früher Freundschaft zeigen vor allem, wie Alex immer wieder gehänselt wurde, er sei doch überhaupt kein richtiger Junge – Schwerpunkt auch hier wieder auf der Notwendigkeit, sich vom anderen Geschlecht abzusetzen. Das scheint so wichtig zu sein, dass es sogar visuell unterstrichen wird: Alex trägt als einziger Junge in seiner Sportgruppe ein schwarzes Oberteil, die Mädchen geben sich strahlendweiß.
Die zweite thematisierte Kinderfreundschaft betrifft zwei Kinder aus Alex´ Grundschulklasse und könnte eine nette zweite Storyline bilden, wenn man nicht das Gefühl hätte, da muss einfach die erwachsene Welt gespiegelt werden. Denn anstatt einfach eine Freundschaft zu zeigen, ist es auch hier wieder eine angehende Beziehungskiste (er erobert sie, sie macht sich Sorgen um ihn), die gezeichnet wird. Anscheinend haben auch Kinder nichts anderes zu tun, als sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wer denn nun mit wem…
Autorin / Autor: pfefferminztea - Stand: 18. Juni 2012