Zurück ins Glück

Forschung: Trennungen und Tod setzen uns Menschen schwer zu, wir können aber auch an solchen Krisen wachsen.

Der Tod eines geliebten Menschen oder eine schmerzhafte Trennung - es gibt Ereignisse im Leben eines jeden Menschen, die ihn komplett aus der Bahn werfen. Oft kommt dann das Gefühl auf, jegliche Kontrolle über das eigene Leben verloren zu haben und nie wieder glücklich werden zu können. Mehrere Studien haben gezeigt, dass das Gefühl, das eigene Leben im Griff zu haben und selbst gestalten zu können, einen großen Einfluss darauf hat, wie wohl wir uns fühlen. Bei Trennungen und Verlusten entgleitet uns diese Sicherheit zunächst. Die gute Nachricht: das Kontrollgefühl kehrt schnell zurück und Verluste können uns sogar wachsen lassen, wie Forscherinnen in einer aktuellen Studie zeigen.

Erst Kontrollverlust, dann geht es stetig bergauf

Die Psychologieprofessorinnen Eva Asselmann von der Health and Medical University und Jule Specht von der Humboldt-Universität hatten Daten aus Haushalten in Deutschland analysiert, die über mehrere Jahrzehnte erfasst wurden. Sie werteten Fragebögen von 1.235 Personen aus, die eine Trennung von ihrem/ihrer Partner_in erlebten, sich scheiden ließen oder deren Partner_innen verstorben waren.

Die Auswertung zeigte, dass Menschen im ersten Jahr nach einer Trennung vermehrt das Gefühl haben, weniger Kontrolle über ihr Leben zu haben. Das betraf Frauen stärker als Männer, Ältere stärker als Jüngere. In den Jahren danach stieg die wahrgenommene Kontrolle dann aber kontinuierlich an. Die Betroffenen arrangieren sich mit der Situation und finden vielleicht sogar neue Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten in ihrem Leben.

Gewappnet für das Leben

Bei Menschen, die einen geliebten Menschen verloren hatten, nahm das Kontrollgefühl erstaunlicherweise sogar schon im ersten Jahr nach dem Verlust deutlich zu, um in den Jahren danach kontinuierlich weiterzuwachsen. Bei jüngeren Menschen wirkte sich der Tod der Partnerin/den Partners allerdings nachteiliger auf ihr Kontrollgefühl aus als bei älteren Menschen.

Für die Forscherinnen legen die Ergebnisse nahe, dass Menschen an belastenden Erfahrungen wachsen können. So seien die Teilnehmenden der Studie in den Jahren nach dem Verlust eines Liebespartners zunehmend von ihrer Fähigkeit überzeugt, ihr Leben und ihre Zukunft durch ihr eigenes Verhalten beeinflussen zu können. Und es scheint, dass wir uns durch solche Erfahrungen besser gewappnet fühlen, weiteren Widrigkeiten des Lebens die Stirn zu bieten.

Auch nach schlimmen Verlusten: Nach fünf Jahren so zufrieden wie vorher

Das passt auch gut zu einer weiteren Auswertung, die das Psychologinnen-Team kurz vorher veröffentlicht hatte. Darin hatten sie gezeigt, dass Verlusterfahrungen wie der Tod eines geliebten Menschen oder eine Trennung vor allem im ersten Jahr zu einem massiven Einbruch im Wohlbefinden führen. Im Schnitt zeigten die Menschen, die hier befragt wurden, aber trotz dieser dramatischen Effekte eine erstaunliche Anpassungsleistung: Fünf Jahre nach dem Verlust von Partner_in oder eines Kindes war ihr Wohlbefinden vergleichbar hoch wie fünf Jahre vor dem Ereignis.

Im Einklang mit der Setpoint-Theorie verdeutlichen die Ergebnisse also auf beeindruckende Weise, dass es vielen Menschen gelingt, selbst nach extrem schmerzhaften Verlusterfahrungen ihr früheres Wohlbefinden zurückzuerlangen. Die Setpoint-Theorie nimmt an, dass jeder Mensch einen individuellen „Sollwert“ im Wohlbefinden hat. Positive und negative Erfahrungen können zwar dazu führen, dass wir uns kurzfristig von diesem Sollwert entfernen, langfristig kehren wir aber dahin zurück.

Wenn ihr euch als mal an einem absoluten Tiefpunkt befindet, Kopf hoch! Es geht schon bald wieder bergauf und vielleicht geht ihr sogar stärker denn je aus der Krise heraus.

Die Ergebnisse der Studie zur wahrgenommenen Kontrolle wurden im Fachmagazin PLOS ONE veröffentlicht, die Studie zum Wohlbefinden nach einem schweren Verlust in Applied Psychology: Health and Well-Being.

Quellen:

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 9. August 2022