Auf Erden ein Abschied – In unserem Herzen für immer
Einsendung zum Wettbewerb U 20 - Ü 60
Nur mit ein paar Stofffetzen bekleidet steht ein alter Mann auf seinem Feld und kümmert sich um seine Ernte. Der Schweiß steht ihm auf der Stirn. Die Sonne strahlt unerbittlich auf seine schon leicht rötliche Kopfhaut. Sein Magen gibt grummelnde Geräusche von sich. Wann hat er zuletzt was gegessen? Hunger ist ein großes Problem. Ein sehr großes Problem. Seine Frau hat Tuberkulose, seine Tochter zu jung um zu helfen. Würde sie es überleben? Vor ein paar Tagen starb sein Vater. Die Ernte diesen Jahres ist nicht einmal die Hälfte seiner Aussaat. Der Boden ist einfach zu hart und zu trocken und ihm fehlt das nötige Werkzeug, um den Boden aufzulockern.
Es klingelt. Ich klappe das Geschichtsbuch zu und stehe auf. Mein Jeansrock ist wieder einmal hochgerutscht. Ich ziehe ihn herunter und hoffe, dass niemand gesehen hat, wie hoch er gerutscht ist. Sobald der Lehrer das Klassenzimmer verlassen hat, steht mein Freund vor mir und schiebt mir seine Zunge in den Mund. In der fünf-Minuten-Pause gehe ich mit meiner besten Freundin zu den Waschräumen. Ich schaue in den Spiegel und sehe in meine schwarz-geschminkten Augen. Ich höre, wie meine Freundin sich auf der Toilette übergibt. Sie ist schwanger. Als nächstes haben wir Physik. Ich bekomme meine Arbeit wieder und habe eine 5. Das wird Ärger zuhause geben. In der letzten Stunde reden wir mit unser Klassenlehrerin über einen Vorfall, der sich letztens auf der Straße zugetragen hat. Der 8-jährige Luca Bender ist auf offener Straße erschossen worden. Er stand einem Dieb im Weg und der hat ihn dann einfach erschossen. Nach der Schule gehe ich mit meinen Freunden rauchen. Mein Freund hat Gras und Vodka dabei. Danach fühle ich mich besser. Die Unterschrift für die Arbeit werde ich nachher einfach fälschen. Mit einem guten Gefühl mache ich mich auf den Rückweg. Mir kommt ein kleines Mädchen entgegen. Sie ist vielleicht neun oder zehn. Ihr Blick trifft meinen. Sie schiebt sich eine Zigarette zwischen die Zähne. Man sieht ihr an, dass dies nicht ihre erste ist. Kaum zu glauben, in ihrem Alter habe ich noch mit meiner Barbie gespielt. Ich sitze am Bahnhof und warte auf meine Bahn als sich ein Mädchen von meiner Schule eine Fahrkarte am Automaten holt. Sie hat ein bauchfreies und durchsichtiges Oberteil an. Ihr BH ist pink. Ein Mann läuft an uns vorbei. Er schaut zuerst auf den Bauchnabelpiercing des Mädchens und dann auf ihre Brüste. Vor mir bleibt er stehen und schaut auf meine Beine in meinem Mini-Rock. Sein Blick wandert hoch und dann schaut er in mein Gesicht. „Heißes Stück“, murmelt er und geht weiter. Die Bahn kommt und ich steige ein. Mir sitzt ein altes Ehepaar gegenüber. Die Frau wirft ihrem Mann einen verliebten Blick zu. Ihre Hände zittern. Ihr Mann greift nach ihrer Hand und zeigt ihr sein schönstes Lächeln. Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn mein Freund mich so angucken würde. Aber er flirtet lieber mit ein paar Mädchen in engen Kleidern aus meinem Jahrgang. Zuhause ziehe ich mir eine lange Hose und einen Pulli an. Ich nehme mir eine Tasche und verlasse das Haus wieder. In einer halben Stunde bin ich bei meiner Oma. Sie öffnet mir die Tür und umarmt mich. Wir gehen ins Wohnzimmer und setzen uns an den Tisch. Sie gibt mir einen Teller mit Pfannkuchen. Ich esse still vor mich hin und sie erzählt mir wie immer Geschichten aus ihrer Jugend. Der Krieg, die Schule, alles war damals so anders als heute. Ich schaue meine Oma an. Sie hat Falten aber sie lächelt. Man sieht ihr an, dass sie früher eine wunderschöne Frau war. Sie ist glücklich. Ich glaube, ich hab sie mein ganzes Leben lang nur lächeln sehen. Ihr Herz ist groß und warm. Wenn sie mit mir einkaufen geht und einen Obdachlosen sieht, schenkt sie ihm immer was von ihren Einkäufen und ein bisschen Geld. Sie ist die Ruhe selbst. Zuhause sind immer alle im Stress. Da gibt es nie eine Pause oder ein gemeinsames Essen. Auf meiner Schule interessiert keinen, was gerade passiert, Hauptsache es passiert einfach was. Niemand von uns hat einen Plan oder eine Zukunft. Ich wünsche mir oft, wie meine Oma zu sein. Sie weiß immer, was zu tun ist. Ihr ist egal, was andere über sie sagen. Sie ist schlau, sie hat viel erlebt und gelernt. Eine starke Frau mit Erfahrung.
Ich sitze auf einer Bank vor der Stadtkirche. Die Glocken der Kirche läuten. Ich stehe auf und betrete die Kirche. Heute wird mein Bruder beerdigt. Es sind fast alle Plätze besetzt. Meine Füße tragen mich in die erste Reihe. Ich setze mich neben meine Mutter. Vor mir steht ein großes Schild. „Luca Bender. Auf Erden ein Abschied – In unserem Herzen für immer.“ Ich lese es und eine Träne rollt über meine Wange. Auf dem Bild das auf dem Altar steht, lächelt mein kleiner Bruder zu mir herüber.
Ich bin Lauren Bender und ich frage mich, was aus dieser Welt geworden ist.
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U20 - Ü60 - So wollen wir zusammen leben
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Die Jury
Schöne Preise für die schönsten Einsendungen
Worum geht es im "Wissenschaftsjahr 2013 - Die demografische Chance"?
Die Siegerehrung zum Wettbewerb "U20-Ü60"
Es war schwer, aber die Jury hat entschieden...
Autorin / Autor: von heaven, 16 Jahre alt