Gaming-Kultur: Nicht einladend für Frauen
Studie der Stanford Universität zu sexualisierten Avataren
Eigentlich kann man es kaum glauben, dass trotz steigender Zahlen weiblicher Gamer der Branche immer noch keine angemessenen weiblichen Spiel-Charaktere einfallen und dass die notorisch gewalttätigen Videospiele trotzdem immer beliebter werden. Kein Wunder also, dass sich Studien mit den Auswirkungen dieser Spiele befassen und dabei nicht gerade schmeichelhafte Ergebnisse zutage befördern. Eine der neuesten Untersuchungen kommt von der Stanford University und besagt, dass Frauen, die in solchen Spielen in die Rolle sexualisierter Avatare schlüpfen, sich in der Realität öfter selbst als Objekt wahrnehmen und eher bereit sind, Vergewaltigungsmythen zu akzeptieren.
Was den Forscher Bailenson besonders interessierte, war der sogenannte Proteus-Effekt. Der besagt, dass unsere Erfahrung des Handelns in einem virtuellen Körper, also einem Avatar, unser Verhalten auch in der realen Welt verändert. Ein Beispiel: Wählt jemand einen Avatar, der größer ist als er in Wirklichkeit ist, wird sein Handeln selbstbewusster ausfallen; das wird noch verstärkt, wenn es gelingt, einen simulierten Körper tatsächlich als den eigenen wahrzunehmen.
*Proteus-Effekt und Sexualisierung*
Die von Bailenson und Co-Autor Jesse Fox veröffentlichte Studie beschreibt, wie Frauen, die sich in Videospielen einen sexualisierten Avatar ausgesucht hatten, sich anschließend selbst wahrnahmen. Für das Experiment sollten die Teilnehmerinnen Helme tragen, unter der sie die reale Welt vergessen konnten, um komplett in eine virtuelle Welt mit 3D-Bild und Ton einzutauchen. Bewegungssensoren an ihren Handgelenken und Knöcheln erlaubten es, mithilfe von Infrarot-Kameras ihre Bewegungen aufzuzeichnen und sie an den Avatar weiterzugeben. Befanden sie sich dann in der neuen Welt, sah jede Teilnehmerin in einen virtuellen Spiegel und sah sich selbst oder eine andere Frau - entweder provokant oder konservativ gekleidet. Der Avatar im Spiegel kopierte die tatsächlichen Bewegungen der Teilnehmerinnen so perfekt, dass sie wirklich das Gefühl bekamen, sie selbst agieren.
Dann führten die Forscher einen männlichen Mitspieler ein, der mit der Teilnehmerin sprach. Was aussehen sollte wie ein normales Kennenlerngespräch vermittelte den Forschern eine Einschätzung darüber, wie sehr die Frauen sich als Objekte verstanden. Es stellte sich heraus, dass die Frauen, die als sexualisierte Avatare unterwegs waren, viel mehr über ihren Körper, ihre Haare und ihre Kleidung sprachen als Frauen, deren Körper in den anderen Avataren steckte. Für die Forscher deutet das darauf hin, dass sie sich selbst eher als Objekte denn als Menschen definieren.
Nach ihrer Zeit in der virtuellen Welt mussten die Teilnehmerinnen dann einen Fragebogen ausfüllen und ankreuzen, wie sehr sie mit verschiedenen Aussagen übereinstimmen. Darin wurden vor allem auch Vergewaltigungsmythen ausgebreitet wie zum Beispiel: "Bei den meisten Vergewaltigungen ist das Opfer selbst schuld, weil es mit zu vielen Männern zusammen ist oder einen schlechten Ruf hat".
Diejenigen, die als "Superwomen" aktiv gewesen waren, stimmten diesen Vergewaltigungsmythen eher zu als die, die in "normalen" Avataren gesteckt hatten. Und: Frauen in sexualisierten Avataren, deren Gesichter ihren eigenen ähnelten stimmten den Mythen mehr zu als jede andere in der Studie.
*Gaming-Kultur ist nicht einladend für Frauen*
Die Entertainment Software Association schätzt, dass 45 Prozent der amerikanischen Gamer weiblich sind. Aber nur wenige Spiele haben weibliche Hauptfiguren. In vielen beliebten Spielen dieser schnell wachsenden Industrie, sind weibliche Charaktere entweder in der Minderheit oder es sind total sexualisierte Wesen; für viele Frauen ist das nicht gerade einladend. Aber wenn Frauen Sexismus-Kritik an Spielen und der Gamer Kultur üben, werden sie oft abgewiesen oder sogar gemobbt, schreibt Cynthia McKelvey von der Stanford University. "Wir haben oft über Gewalt in Videospielen gesprochen und wie sie auf Menschen wirkt, die gewalttätige Videospiele spielen", sagte Bailenson. "Ich denke, es ist ebenso wichtig, über Sexualisierung nachzudenken."
Autorin / Autor: Pressemitteilung/ Redaktion; - Stand: 23. Oktober 2013