Meine Freundin Leia
Eine traurige Kurzgeschichte
Der Tod kommt plötzlich und unerwartet. Er kommt immer dann, wenn man ihn am wenigsten erwartet. Ich saß mit Leia um meinen kleinen Couchtisch und wir tranken Tee. Wir plauderten über dies und das, und vor allem über den Jungen, der neu in unsere Klasse gekommen ist. Er war älter als wir. Der Neue hieß Lars, und meine Leia hatte sich sofort in ihn verguckt. Was sie an ihm fand habe ich nicht verstanden. Lars wirkte ärmlich und ein bisschen heruntergekommen. Seine Kleider hat er nie gewechselt, als ob er keine anderen besessen hätte. Er trug immer dieselbe zerrissene Hose und immer dasselbe große T-Shirt. Aber meine Freundin war eben verliebt.
Am nächsten Tag in der Schule lag eine rote Rose auf ihrem Pult, und Lars grinste verlegen hinüber. Leia strahlte zurück und legte die Rose in das Waschbecken. In der Pause verabredete sie sich mit ihm, und kam am Abend überglücklich bei mir vorbei. Sie erzählte mir, dass Lars ihr gesagt hatte, dass er sie liebt und natürlich freue ich mich mit ihr.
Als ich am Morgen darauf jedoch in die Schule kam, war Leia nicht da. Sie erschien auch am Nachmittag nicht und ich begann mir sorgen zu machen. Ich rief bei ihr zuhause an, obwohl sie mir das verboten hatte, wegen ihrer strengen Eltern. Sie mochten mich nicht und zeigten das auch. Als ich dann ihre Mutter am Telefon hatte und sie fragte wo Leia sei, da antwortete sie, dass sie glaubte Leia sei nach der Schule mit zu mir gegangen. Ich erzählte ihr, dass Leia auch nicht in der Schule war und ihre Mutter machte sich mit einem Mal große Sorgen. Ich ging in die Stadt und klapperte Leias Lieblingsgeschäfte ab, doch sie war nirgends zu finden.Plötzlich fiel mir etwas ein, dass Leia zu mir gesagt hatte. Unten am Rhein wäre zwischen Rosensträuchern verborgen, eine Hütte, die ihr als Geheimplatz diente. Daraufhin machte ich mich auf den Weg zu den Rosenbüschen.
Als ich dort ankam sah ich erst einmal nur kahle Äste. Es war Herbst, und die Rosen schon alle verblüht. Doch dann bemerkte ich einen roten Fleck, der zwischen zwei Ästen zu hängen schien. Ich ging näher heran, und erkannte eine Rosenblüte, die an goldblondem Haar befestigt war. Dort zwischen den verblühten Rosen lag meine Freundin. Sie bewegte sich nicht. Ich wollte und konnte es nicht glauben: Meine Freundin war tot. Ich rief ihre Eltern und die Polizei an. Ihre Eltern erschraken, und die Polizei beorderte Männer zu uns, die eventuelle Spuren sichern sollten. Doch nichts wurde gefunden. Sie fanden nur heraus, dass Leia offensichtlich von hinten erwürgt wurde.
In mir jedoch suchte ich verzweifelt nach jemandem, dem ich die Schuld für ihren Tod geben könnte, und meine Gedanken blieben bei der Rose in ihrem Haar hängen. Es hätte natürlich eine Rose sein können, die an einem der Rosenbüsche wuchs, und als einzige noch nicht verblüht war, doch ich war mir sicher, dass jemand ihr die Rose ins Haar gesteckt hatte.
Für mich war klar, dass das nur Lars gewesen sein konnte.
Ich habe mich jedoch nie getraut, diesen Verdacht auszusprechen.
Heute sitzt Lars wegen mehrfachen Mordes im Gefängnis, und ich mache mir jetzt noch Vorwürfe damals geschwiegen zu haben.
Autorin / Autor: Sarah - Stand: 09. November 2006