Charaktere II
Wie zaubert man eine gelungene literarische Figur? Dasha erklärt die ersten Schritte...
Erste Schritte
Es gibt viele Roman-Autoren, die gerne eine Charakterskizze oder einen Fragebogen für ihre Figuren anfertigen, ehe sie mit der eigentlichen Geschichte beginnen. Listenartig wird aufgezählt, wie der Protagonist* aussieht, wo er bisher gelebt hat, welche Hobbys, Interessen, welche Eigenarten er hat, was er mag oder nicht ausstehen kann, ob er sich mit seinen Familienangehörigen versteht, welchen Beruf seine Eltern ausüben, wie sein Freundeskreis aussieht, welcher Religion er angehört, ob er zum Wählen geht, welche Partei er bevorzugt, seine Lebensphilosophie, etc. Natürlich können alle diese Punkte eine Rolle für die Geschichte spielen. Ich selbst fertige eine knappe Charakterskizze an, die mehrere Stichpunkte enthält. Dabei geht es um das Aussehen der Figur, deren Hobbys, Motivationen und andere Dinge, die für mich und für das Vorantreiben der Geschichte relevant sind. Doch ich finde nicht, dass ich unbedingt alle Punkte brauche, die manche Autoren für einigermaßen wichtig halten, so z.B. die Konfession. Denn in meiner Story ist die Religionszugehörigkeit nicht ausschlaggebend. Oder auch, in welchem Bundesland sie zuvor gelebt hat, weil diese Nebeninformation aus meiner Sicht in meinem derzeitigen Roman nichts zur Entwicklung der Protagonistin beiträgt. Bei meinem jetzigen Protagonisten hingegen sieht die Sache etwas anders aus.
Protagonist *
Protagonist: männliche Hauptfigur in der Geschichte. Um die Kolumne lesefreundlich zu halten, verzichte ich darauf, pro Satz Protagonist / Protagonistin zu schreiben.
Ich finde, wenn ein Schreibender in der Lage ist, sich einen Charakter vielschichtig vorzustellen und ihn auch als eine beinahe schon lebensechte Person in seiner Geschichte zu präsentieren, dann weiß er auch, wie der Charakter in dieser oder jener Situation handeln wird. Genau dafür können auch Charakterskizzen sehr nützlich sein. Eine andere Methode, die manchen Autoren hilft, sich in die Figur hineinzuversetzen, heißt Interview Führen. Dabei stellt man seinem Protagonisten oder seiner Nebenfigur Fragen, um sie besser kennen zu lernen. Also versuchte ich es auch mal. In meiner Fantasie saß ich also einer meiner Nebenfiguren gegenüber und befragte sie zu diversen Themen. Doch schon nach vier, fünf Antworten meines Romancharakters konnte ich mir lebhaft vorstellen, wie dieser ungeduldig auf dem Stuhl hin und her rutschte. So erging es mir mit anderen für die Story wichtigen Charakteren. Sie wollten einfach nicht lange über sich reden. Viel eher wollten sie hinaus in die literarische Welt, um ihre Hobbys zu tun, ihren Pflichten nachzugehen, um Abenteuer zu erleben und sich selbst zu beweisen. Kurzum, sie entwickelten sich ohne Tagebücher, ohne Interviews, aber mithilfe von groben, bereits angefertigten Skizzen.
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Autorin / Autor: Dasha Carelly - Stand: 18. Mai 2009