Auch wenn die visuellen Reize eines Gegenübers uns zuerst ins Auge springen, "hören" wir bei der Partnerwahl auch ganz genau auf unsere Nase. Man sollte potentielle Partner_innen gut riechen können, wie eine aktuelle Studie betont. Dabei kommt es natürlich nicht darauf an, welches Designer-Parfüm oder Deo unser Gegenüber trägt, sondern es geht um den natürlichen Duft von Mann und Frau. Dieses „Parfum naturel“ ist quasi ein Spiegelbild unseres Genpools. Das unterstreichen die Ergebnisse der Forschungsarbeit von Jana Kromer an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus, TU Dresden.
Es ist mehr als nur eine Laune der Natur, dass wir alle ganz unterschiedliche Duftstoffe ausdünsten. Die sind nicht jedermanns oder jederfraus Sache, aber in aller Regel findet sich zu jeder speziellen Variante ein sinnlicher Genießer. Dabei finden wir die Note am besten, die uns relativ große genetische Unterschiede signalisiert. Jana Kromer hat dieses Wissen jetzt genauer aus einer wissenschaftlichen Perspektive beleuchtet, und dabei sind ganz interessante Ergebnisse offenkundig geworden – die man vielleicht immer wieder beobachtet hat, aber nie richtig beschreiben konnte. Besonders standen die HLA-Allele der Klasse I und II im Fokus der Untersuchungen. Diese Immunrezeptoren findet man an den Zelloberflächen, und sie können vom Menschen wahrgenommen werden. „Es zeigte sich die Tendenz, dass Paare, die in den HLA-Allelen Klasse I nicht übereinstimmen, den Körpergeruch, die Sexualität besser bewerten als Paare, die gleiche HLA-Allele besitzen. Auf den Punkt gebracht heißt das nichts anderes als ‚opposites attract‘“, sagt die junge Wissenschaftlerin, die diese Erkenntnisse unlängst in einer Doktorarbeit zusammengefasst und publiziert hat.
„Auch ich bin davon ausgegangen“, sagt Jana Kromer, „dass das Sozialverhalten und die Liebe ganz einfach nach einem Zufallsprinzip funktionieren, dann finden zwei Menschen sich interessant und es passt oder eben nicht.“ Dass die Natur wenig dem Zufall überlässt, wird bei derartigen Untersuchungen nur allzu deutlich. Und die Doktorandin sagt weiter: „Selten habe ich so einen Spaß bei der Arbeit gehabt. Umso mehr Fragen gestellt wurden, desto klarer wurden die Antworten. Ich bin in den letzten Jahren immer wieder von Teilnehmern der Studie gefragt worden, ob zwei Menschen gut zusammenpassen, ob sie sich auch in einigen Jahren noch attraktiv finden und ob es sinnvoll ist zu heiraten. Aber ich sehe mich nicht unbedingt als Partnervermittlerin – auch wenn es schön ist zu sehen, warum manche Paare über viele Jahre miteinander harmonieren.“
„Der Geruchssinn arbeitet hier im Unterbewusstsein und übernimmt teilweise die Steuerung bei der Partnersuche“, erklärt Jana Kromer. Mann und Frau erschnüffeln sich so, ohne einen Gedanken daran zu verlieren, ihren idealen Liebhaber oder Liebhaberin, mit dem es evolutionstechnisch perfekt wäre, die Reproduktion zu starten, weil beide sehr unterschiedlich in bestimmten Erbanlagen sind.
Der Vorteil liegt klar auf der Hand, eine größere Vielfalt heißt auch bessere Chancen, sich auf Krankheiten einzustellen, körpereigene Heilungsprozesse zu organisieren und ein besserer Schutz vor Mutationen. „Als Erklärung hierfür wird der evolutionäre Vorteil für die Nachkommen gesehen. Durch die kodominante Expression der HLA-Allele werden die Nachkommen heterozygote HLA-Allelträger, wenn die Eltern unterschiedliche HLA-Allele besitzen. So ergibt sich für die Nachkommen ein breiteres Spektrum, um spezifisch gegen pathogene Antigene zu agieren.“ Konkret heißt das: weniger Infekte, weniger Autoimmunerkrankungen, weniger Allergien.
Insgesamt wurden über 250 Paare zwischen 18 und 60 Jahren befragt, wie zufrieden sie mit ihrer Beziehung sind, ob sie einen Kinderwunsch haben und wie aufregend sie ihr gemeinsames Sexualleben finden. Den Versuchspersonen wurde dann eine Speichelprobe entnommen und die fraglichen Gene miteinander verglichen. Je nachdem, wie unterschiedlich ihre untersuchten Gene waren, desto mehr Anziehungskraft hatten die Partner aufeinander. Allerdings veränderte sich diese Wirkung bisweilen, beispielsweise durch die Einnahme der Pille.
Die vorliegende Promotion ist damit die erste wissenschaftliche Erhebung, die eine große Probandengruppe untersucht und erstmals den Kinderwunsch mit einbezogen hat. „Zudem konnten wir eine hohe Genauflösung im Labor durchführen“, sagt Jana Kromer und ist erstaunt über die vielfältige Resonanz, die es bereits heute auf die Forschungsarbeit gibt. Interesse an dieser Arbeit hat auch bereits die Industrie, die heute die wissenschaftlichen Daten wahrscheinlich gern dazu verwenden würde, um ein ganz individuelles Parfüm zu kreieren – einen Duft, der zu dem eigenen Genpool passt.