Kein Problem mit dem Geschlecht, sondern mit der Umwelt

Mexikanische Studie mit Transgender-Menschen empfiehlt der WHO, Probleme mit der geschlechtlichen Identität nicht länger als Krankheit zu führen

Wer sich wünscht, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben und anerkannt zu werden, sich also als Transgender-Mensch sieht, wird - ähnlich wie Homosexuelle es lange Zeit ertragen mussten - möglicherweise als psychisch krank angesehen. Ganz offiziell, denn Transsexualismus zählt nach der derzeit gültigen Internationalen Klassifizierung von Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Geschlechtsidentitätsstörung und wird demnach zu den Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen gezählt. Das könnte sich womöglich bald ändern, denn eine mexikanische Studie mit Transgender-Menschen empfiehlt der WHO, diese Einstufung aus ihrer Liste zu streichen. Die Forscher_innen des Psychiatrischen Institus Ramón de la Fuente Muñiz in Mexiko hatten bereits im Jahr 2014 250 Transgender-Menschen interviewt und herausgefunden, dass sie weniger unter ihrer Transgenderidentität an sich litten, sondern eher an den Reaktionen ihres Umfeldes darauf. Nicht selten erfahren Transgender-Menschen nämlich soziale Ablehnung bis hin zu Gewalt, wenn sie sich ihrer Familie, ihren Freund_innen oder bei der Arbeit zu erkennen geben.

Die meisten (81 %) der in Tiefeninterviews befragten 250 Transgender-Menschen waren ursprünglich in einem männlichen Geschlecht geboren worden und hatten bereits im Alter von 5 bis 6 Jahren das erste Mal das Gefühl, in einem "falschen Geschlecht" geboren worden zu sein. Etwa 74 % begannen dann im Alter von durchschnittlich 25 Jahren, den Körper mithilfe von Hormonen zu beeinflussen. Fast die Hälfte von ihnen sogar ohne ärztliche Unterstützung.

Schon vorher wurde in Studien festgestellt, dass Transgender-Menschen verhältnismäßig oft unter Ängsten und Depressionen leiden, die zu weit überdurchschnittlichen Selbstmordraten führen. Auch bei diesen Studien wurde gemutmaßt, dass Diskriminierung und Ausgrenzung die Hauptursache für diese seelischen Störungen sind. Eine US-amerikanische Studie unter Transgender-Kindern zwischen drei bis 12 Jahren, die im Februar diesen Jahres erschien, gab Anlass zur Hoffnung. Sie ergab, dass es ganz wesentlich auf die elterliche Unterstützung ankommt, denn wenn sie ihre Kinder in deren jeweiligen Geschlechtsidentität stärken, werden sie nicht depressiver und ängstlicher als andere Kinder.

Quellen:

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 3. August 2016