Just listen

Autorin: Sarah Dessen
Unterhaltsamer Roman in gepflegtem, aber nicht spießigem Stil

Da ich zuvor bereits ein Buch von Sarah Dessen gelesen hatte und davon recht angetan war, hatte ich große Erwartungen an „Just listen“, die im Grunde auch erfüllt wurden. Allerdings gab es wie immer ein paar Haken, die das Lesevergnügen trübten.

Punkt 1 – Als ich sah, dass das Werk 456 Seiten hat, dachte ich erst mal: Wow, da muss ja unglaublich viel passieren. Fehlanzeige. Die Autorin schafft es lediglich unglaublich gut, banale Ereignisse auf möglichst viele Seiten auszudehnen. Ständige Rückblenden zu früheren Zeiten haben mir manchmal den letzten Nerv geraubt. (Es hat mich z. B. wirklich nicht interessiert, dass Annabels Mutter nach dem Tod ihrer eigenen Mutter, also Annabels Oma, sehr traurig war; die Autorin hätte das gern in ein oder zwei Sätzen erwähnen können, aber 4 [!] Seiten wären dazu absolut nicht nötig gewesen. Das ist nur ein Beispiel – Sarah Dessen zog ihre extrem ausführliche Erzählweise das ganze Buch über überaus konsequent durch.) Eigentlich möchte ich der Autorin dies gar nicht zur Last legen; ich schätze, ich bin wohl einfach eine sehr ungeduldige Leserin, die gern schnell vorankommt und sich nicht mit Nebensächlichkeiten aufhalten will. An sich ist Sarah Dessens Gabe, Dinge so detailliert zu beschreiben, schon bewundernswert – nur eben nicht mein Fall.

Punkt 2 – Dieser Punkt ist Ansichtssache. Ich fand einige Charaktere sehr unsympathisch, vor allem Clarke, die zu Beginn noch Annabels beste Freundin war. Man kann sich überhaupt nicht in die Beziehung der beiden hineinversetzen, zumindest ging es mir beim Lesen so. Wie auch? Die Freundschaft der beiden wurde durch ihre Eltern arrangiert und laut Annabels Aussage hat sie mit Clarke überhaupt nichts gemeinsam. Mein Versuch, Clarke Sympathie entgegenzubringen, wurde zusätzlich dadurch erschwert, dass sie extrem spießig war, wie ein Junge herumlief und die ganze Zeit nichts Besseres zu tun hatte, als zu niesen oder Karten zu spielen. Dementsprechend fiel es mir ziemlich schwer, der zerbrochenen Verbindung zwischen ihr und Annabel „nachzutrauern“, denn freundschaftliche Gefühle kamen bei mir einfach nie an. So wirklich begeistert von der männlichen Hauptfigur Owen war ich auch nicht. Ich fand ihn ganz nett, aber sein skurriler Musikgeschmack, sein übertriebener Wahrheitstick und sein ständiges Geschwafel übers „Erleuchtetsein“ haben mich sehr genervt. Vielleicht wollte die Autorin originell wirken; na ja, das ist ihr gelungen. Nun … Der Vollständigkeit halber möchte ich noch hinzufügen, dass ich von der Hauptfigur Annabel ebenfalls nicht besonders angetan war. Sie war die ganze Zeit über ängstlich, unbeholfen und irgendwie genau das Gegenteil von dem, was ich gut finde. Na ja. Ich höre jetzt mal auf, mich über die Charaktere auszulassen.

Punkt 3 – Störend fand ich grammatikalisch falsche Sätze wie "Das Mädchen, DIE Fahrrad fuhr …". Leider kamen Fehler in der Art häufig vor und trieben mich jedes Mal in den Wahnsinn. Das ist allerdings der Übersetzerin, nicht der Autorin zuzuschreiben. Wenigstens kamen so gut wie keine Rechtschreibfehler vor.

Das waren eigentlich auch schon die Haupt-Störfaktoren. Ansonsten könnte ich noch bemängeln, dass sehr schnell klar wird, worum es in dem Buch geht. Eigentlich schon auf Seite 11, allerspätestens aber auf Seite 36. Ich weiß nicht, ob das von der Autorin beabsichtigt war (denke eher nicht), aber bei einem solchen Thema lässt es sich eigentlich auch kaum vermeiden, dass der Leser recht schnell begreift, was passiert sein muss. Was das ist, können sich einige wohl schon denken, aber ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel rumspoilern, deshalb belasse ich es dabei.

*Der Stil*
Sarah Dessens Erzählstil war gewohnt gepflegt, nicht aber spießig (sogar das Wort „Arschloch“ kam zweimal vor, yeah). Der Text war flüssig geschrieben und sehr angenehm zu lesen. Komischerweise „patzte“ die Autorin an manchen Stellen irgendwie – zumindest empfand ich es so – und fiel völlig aus ihrem sonst sehr gesitteten Schreibstil heraus. Als Beispiel sei folgender Satz erwähnt: „Mein Magen plumpste nach unten, aber ganz konkret.“ Der erste Teil klingt ganz witzig, aber „ganz konkret“? Das hört sich in meinen Ohren nach erzwungenem Jargon an. Ansonsten habe ich nicht mehr wirklich was auszusetzen, außer vielleicht, dass die Romanfiguren ständig alles wiederholen müssen, was ein anderer sagt; aber da sehe ich drüber hinweg.

*Fazit*
Ich fand den Roman unterhaltsam. Er hatte einige Schwächen, aber ein perfektes Buch ist mir bisher ohnehin noch nie untergekommen. Dafür hat „Just listen“ bei mir im Schnitt ganz gut abgeschnitten und ich würde es durchaus weiterempfehlen. Ich denke, dass ich mir noch andere Bücher von Sarah Dessen zulegen werde. Sie schreibt gut und ihre Stories sind interessant, sodass ich über manch einen Mangel gern hinwegsehe.

*Erschienen bei dtv*

Autorin / Autor: darksundance - Stand: 20. März 2008