Verdächtige Sprachmuster
Forschung: Künstliche Intelligenz erkennt verdächtige Muster in der Sprache von Jugendlichen und sagt drohende Psychosen voraus
Willkommen in der Zukunft. Wir haben uns schon ein wenig daran gewöhnt, dass Künstliche Intelligenz unser Leben immer mehr bestimmt. Selbstfahrende Autos, lernende Sprachassistenten oder Gesichtserkennung werden niemanden mehr schocken.
Dass nun aber Künstliche Intelligenzen auch unsere Psyche durchleuchten soll, dürfte manchen ein wenig gruselig erscheinen. Einen ersten Schritt in diese Richtung haben Wissenschaftler_innen um Cheryl Corcoran von der School of Medicine at Mount Sinai getan. Sie haben eine Künstliche Intelligenz entwickelt, die anhand sprachlicher Muster erkennen können soll, ob Jugendliche gefährdet sind, eine Psychose zu erleiden.
Basis für die diagnostischen Fähigkeiten der Künstlichen Intelligenz sind typische sprachliche Strukturen, die bei Betroffenen häufig beobachtet werden.
Die Forscher fütterten ihren Algorithmus mit sprachlichen Merkmalen, die sie Interviews mit hochgefährdeten Jugendlichen entnommen hatten. Offenbar haben Betroffene oft Probleme, im Gespräch bei der Sache zu bleiben, verlieren den Faden, die Sprache wird weniger komplex oder zerfällt in Bruchstücke. Es kommt außerdem zu einer sogenannten "Lockerung von Assoziationen", die gekennezichnet ist durch zahlreiche spontane Äußerungen, die nicht zum Gesprächsverlauf passen, zufällig erscheinen, wahllos aneinandergereiht werden und nicht mehr verständlich sind.
Diese Sprachstörungen gelten als einer der Vorboten von schizophrenen Krankheitsbildern. Darum spielen auch in der herkömmlichen Diagnostik Interviews eine wichtige Rolle.
Die Künstliche Intelligenz konnte nun in 83 % der Interview-Datensätze, mit denen sie gelernt hatte, richtig vorhersagen, wer von den Befragten zwei Jahre nach dem Interview an einer Psychose erkranken würde. Auch in fremden Interviews aus einer anderen Befragung lag die KI in 79% der Fälle richtig.
Die Forscher_innen folgern, dass in der Zukunft Künstliche Intelligenz auch bei der Diagnose und Behandlung von psychischen Erkrankungen eine große Rolle spielen werden. Dass Künstliche Intelligenz Therapeut_innen ersetzt, ist aber noch nicht in Sicht.
Die Ergebnisse der Studie wurden Fachjournal World Psychiatry veröffentlicht.
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 25. Januar 2018