Die Verschiedenartigkeit der Umarmungen
Eine Studie fand heraus: Unsere Gefühle entscheiden, ob wir uns rechts- oder linksseitig umarmen
Wir tun es, wenn wir jemanden gern haben, wenn wir jemanden trösten wollen, aus Dank, Freude oder einfach nur zum Gruß: Umarmen gehört einfach zur menschlichen Kommunikation dazu. Aber habt ihr schonmal darauf geachtet, wie ihr andere umarmt? Ob dabei der linke Arm oben und die linke Wange das Gesicht eures Gegenübers berührt oder umgekehrt? Offenbar tun wir dies nicht immer gleich. Wie eine Studie von Biopsychologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) herausfand, umarmen wir uns in emotional aufgeladenen Situationen öfter linksseitig als wenn wir uns in neutralen Situationen befinden. Forscher_innen um Julian Packheiser, Noemi Rook und Privatdozent Dr. Sebastian Ocklenburg werteten für ihre Studie 2.500 Umarmungen aus. „Wir wollten wissen, ob der emotionale Kontext das Umarmungsverhalten beeinflusst“, erklärt Erstautor Julian Packheiser. „Außerdem wollten wir herausfinden, ob motorische Merkmale wie Händigkeit die Richtung des Umarmens beeinflusst.“
*Umarmungen in Flughäfen*
Auf einem deutschen Flughafen werteten sie je rund 1.000 Umarmungen aus, die im Abflug- und im Ankunftterminal internationaler Flüge stattfanden. In der Abflughalle setzten die Forschenden voraus, dass die Umarmenden wohl eher von negativen Gefühlen vereinnahmt waren, wie Abschiedsschmerz oder auch Flugangst. Umarmungen in der Ankunftshalle drücken dagegen eher Wiedersehensfreude und Erleichterung über den überstandenen Flug aus und wurden als Zeichen für positive Emotionen gesehen.
Was aber ist eine neutrale Umarmung? Dazu schauten sich die Forscher_innen über 500 Videos auf Youtube an über Akteure, die Fremden auf der Straße angeboten hatten, sie mit verbundenen Augen zu umarmen.
*Umarmungen von rechts mögen wir lieber*
Übereinstimmend mit älteren Studien stellten die Wissenschaftler_innen fest, dass die meisten Menschen eine Vorliebe für rechtsseitige Umarmungen haben. Allerdings zeigte sich, dass Menschen sowohl in positiven als auch in negativen Situationen sich häufiger linksseitig umarmen als in neutralen Situationen. Julian Packheiser und seine Kolleg_innen führen das auf den Einfluss der rechten Gehirnhälfte zurück, die die linke Körperhälfte kontrolliere und sowohl positive als auch negative Emotionen verarbeite. „Bei Umarmungen interagieren emotionale und motorische Netzwerke im Gehirn und führen zu einer stärkeren Linksorientierung in gefühlsbetonten Zusammenhängen.“
Die Forschergruppe wollte aber auch wissen, ob Links- oder Rechtshändigkeit und -Füßigkeit die Umarmungsseite beeinflussen und ließ dazu 120 Proband_innen im Labor eine Schaufensterpuppe umarmen, nachdem sie verschiedene positive, negative oder neutrale Kurzgeschichten über Kopfhörer angehört hatten. „Händigkeit und Füßigkeit können tatsächlich vorhersagen, in welche Richtung eine Umarmung ausgeführt wird“, so Julian Packheiser. Rechtshänder_innen neigten also noch stärker als Linkshänder dazu, ihr Gegenüber von rechts zu umarmen.
*Männer-Umarmungen sind anders*
Interessant ist, dass die Umarmung unter Männern noch eine Besonderheit aufweist: Sie zeigen auch in neutralen Situationen eine stärkere Linksorientierung. „Wir interpretieren das so, dass Männer-Umarmungen von vielen Männern als negativ angesehen und daher selbst in neutralen Situationen wie zur Begrüßung tendenziell als negativ wahrgenommen werden“, meint Sebastian Ocklenburg. Dementsprechend werde wegen der negativen Emotionen auch hier die rechte Gehirnhälfte aktiv und beeinflusse die motorische Ausführung nach links.
Ihre Ergebnisse sind im Journal „Psychological Research“ vom 18. Januar 2018 veröffentlicht.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 26. Januar 2018