Mein ganz persönliches Gefängnis

Janina schrieb diesen Text, kurz nachdem sie das Tagebuch von Kurt Cobaine gelesen hatte..

Gefangen im eigenen Körper? Gefangen im eigenen Geist? Gefangen in einer Rolle, die einem gegeben wurde? Werden wir eingesperrt? Lassen wir uns einsperren? Bin ich an meiner eigenen Gefangenschaft Schuld?

Ich könnte vielleicht frei leben, aber das würde bedeuten, dass ich auffallen müsste. Der Welt den Rücken zukehren müsste.
Alles aufgeben, oder zumindestens auf viel verzichten.
Ich habe eine Rolle bekommen, jeder wird eingeteilt, ich auch.
Ich spiele das Spiel mit, passe mich meiner Rolle an.
Ich bin eine Schauspielerin, den ganzen Tag lang, ich werde wahrscheinlich mein ganzes Leben lang eine bleiben.
Aber ich spiele nicht nur eine Rolle, ich passe mich an. Jeder sieht in mir was er will, jeder bekommt das zu sehen was er sehen will.
Warum?
Ich habe Angst davor irgendwann ganz alleine da zu stehen, ausgeschlossen aus der Gesellschaft die ich so verachte.
Ich weiß nicht ob es das wert ist.

Ich will als Individum gesehen werden, aber kann mich nicht so geben wie ich das gerne würde.
Wie soll jemand der mich nicht kennt einen Eindruck von mir gewinnen, welcher der Wahrheit entspricht, wenn ich 24 Stunden am Tag versuche, jemand anders zu sein?
Ich sitze zwischen zwei Stühlen, ich weiß bald selber nicht mehr wer ich bin.
Ich lasse meine Gedanken von anderen Leuten leiten. Aber das Ganze hier ist mein Spiel! Warum lasse ich mir von allen reinreden?
Ich würde gerne sagen, was ich will, manchmal schaffe ich es für kurze Zeit, meine Hülle abzustreifen, frei zu sein, sagen was ich denke, ICH-sein.

Vielleicht kleine Hilfe-Schreie nach Außen.
Lasst mich doch einfach so sein wie ich bin.
Woher weiß ich eigentlich, dass mich alle falsch einschätzen? Missverstehen?
Es steht alle gegen einen. Wieso soll gerade ICH es besser wissen?
Weil es um meine Persönlichkeit geht?
Weil ich denke, dass ich weiß wer ich bin?
Bin ich nicht manchmal so wie sie sagen? Naiv? Der kleine Engel oder der Teufel? Klar, das bin auch ich, aber da ist noch viel mehr! (Zitat Kurt Cobain: "Eins meiner größten Probleme ist, dass ich mich 24 Stunden am Tag bewertet fühle?")

Alle versuchen sich eine Meinung über mich zu bilden. Sie denken die könnten das, sie kennen mich nicht, vielleicht wollen sie mich gar nicht kennenlernen, aber das wäre OK, aber sie bewerten mich von Tag zu Tag. Ich glaube sie fühlen sich gut dabei sich selbst mit mir zu vergleichen.
Aber sie haben keine Ahnung!
Wissen nicht, dass die Angst zu versagen, die Angst vor dem Spott der Menschen Druck erzeugt.
Und schon versuche ich mich wieder zu verstecken, nicht aufzufallen. Ich weiß, dass ich nicht so bin wie die anderen, aber ich versuche so zu tun und eigentlich klappt das ganz gut.

Freak?
Ja, ich glaube das ist ganz passend, aber weißt du was?
Ich bin stolz drauf! Ich weiß eigentlich, wer ich bin und ich bin noch in der Lage zu unterscheiden und nachzudenken. Ich beneide die Leute, die durch ihre Meinung auffallen und sich nicht so verkriechen wie feige Menschen, wie ich. (Zitat Janina 3.12.02:"Ich bin bescheuert, ich weiß, ich zeige mein Potential nicht, ich habe keins. Ich will mich anpassen, so sein wie der Rest, ja nicht auffallen! Ich verstelle mich, setze eine Maske auf, bin aber darunter trotzdem ich, aber das wird niemand erfahren....") Und das macht alles noch schlimmer, ich werde niemals jemandem von meinen Gedanken erzählen können, immer alleine da stehen, ohne je probiert zu haben, Menschen zu finden, die wie ich sind, die meine Gedanken verstehen oder sogar meine Ansichten teilen.
Ich werde mein ganzes Leben lang gefangen sein, aber ich sollte mich nicht daran stören, sonst würde ich verbittern.

Vielleicht wird ja irgendwann alles besser!

Autorin / Autor: Janina - Stand: 5. Februar 2003