Die Jobagentur
Ein Frühwerk **g** von Aquagirl: "Zwischen Himmel und Hölle"
Wamm! Die Dunkelheit umhüllte Sandra wie ein pechschwarzer Schleier und als sie versuchte sie abzuschütteln, kam es ihr so vor, als würde sie immer tiefer fallen. Weiter und weiter und weiter, immer tiefer herab in die drohende Dunkelheit. Wamm! Jetzt fand sich Sandra auf einer Wolke wieder. „Einer Wolke?“, dachte Sandra, “Kann das sein?“ Aber soviel Zeit hatte Sandra gar nicht, um sich zu wundern, denn auf einmal fiel ihr auf, dass hier eine Menge Leute herumstanden. Die meisten hatten weiße Hemden an, aber der Rest schaute genauso ratlos drein wie Sandra. Das sah ziemlich komisch aus, denn hier war alles in himmelblau gehalten und der Boden war watteweich.
Wer ist Sandra?
Während Sandra sich daran gewöhnte... Stop! Ich muss euch erst erklären, wer Sandra ist. Sandra ist 12 Jahre alt. Sie hat langes blondes Engelshaar und meerblaue Augen. Sie ist schlank und ziemlich groß für ihr Alter. Wenn sie lächelt (und das tut sie meistens) erscheinen viele Lachfältchen auf ihrem Gesicht. Sandra...- aber halt! „Da stimmt doch etwas nicht!“, dachte Sandra. Jetzt erinnerte sie sich auch wieder. Sie war mit ihrer besten Freundin Isabell auf dem Nachhauseweg gewesen. Die beiden kamen an den Fußgängerüberweg. Sandra ging ein kleines Stück vor Isabell her, und so kam es, dass Isabell gerade mal den Zebrastreifen betrat, als Sandra schon in seiner Mitte war. Da fuhr plötzlich ein grellgrüner Porsche Boxxter mit überhöhter Geschwindigkeit die Straße entlang. Während Isabell einen erschrockenen Hüpfer rückwärts machte, wurde Sandra voll von dem Auto getroffen. Sie wurde ohnmächtig. Und nicht nur das. Sie starb.
Nie wieder...
Als Sandra das kapierte, schossen ihr Tränen in die Augen. Nie wieder würde sie Ärger mit Fr. Mier ihrer Mathelehrerin haben, nie wieder könnte sie ins Schwimmbad oder auf die Eisbahn gehen. Nie wieder! Als Sandra das bewusst wurde, heulte sie hemmungslos los. Da legte ihr auf einmal jemand –Schockschwerenot - eine Hand auf die Schulter. “Warum bist du nicht bei der Anmeldung?“, fragte sie ein “Petrus-Typ“. Erst jetzt bemerkte Sandra, dass alle anderen Menschen hier sich in einer laaangen Warteschlange angestellt hatten. “Was, was ist das hier?“, fragte Sandra den Unbekannten. “Ich schlage vor wir stellen uns erst mal an“, sagte "Petrus", “sonst kommst du heute nicht mehr dran.“ Unterwegs wurde Sandra sehr nervös. Dran kommen? Hörte sich ja gefährlich an! Inzwischen hatten sie sich angestellt. “Könnten sie mir bitte erklären, was hier läuft? Und wo ich hier bin?“ Sandra riss langsam aber sicher der Geduldsfaden. “Ganz ruhig! Du bist hier im Himmel. Ja, ja genau. Das heißt, du bist tot“, sagte Petrus einigermaßen gelassen, als Sandra ihn ungläubig anstarrte. “Ich bin na, ja... das ist viel zu schwer zu erklären! Nenn mich Peter. Das hier ist so etwas wie eine Jobagentur. “Hä?“, jetzt war Sandra aber völlig durcheinander. “Naja also: die meisten Menschen - so wie du zum Beispiel – waren nicht richtig böse. Von der Sorte gibt es inzwischen zwar auch schon genug, aber egal. Aber sie waren auch nicht richtig fromm. Also kommen sie hierher. Sie bekommen Jobs. Kleine Aufgaben, die zu erledigen sind. In Himmel, Hölle und auf der Erde. Darauf bekommst du Punkte. Danach entscheidet sich, ob du in den Himmel oder in die Hölle kommst. Ah, du bist dran! Komm schon und nur keine Angst!“
„Du hast einen Job im Himmel."
Peter sprach ihr Mut zu. Aber Sandra war so überrumpelt, dass sie gar keine Zeit hatte zum Angsthaben und Aufgeregtsein. Im Schalter saß eine Frau, die komischerweise aussah wie ein Engel. “So wen haben wir denn da?“, fragte sie. „S-sandra Bauer“, stotterte Sandra. „Geboren?“ „05.09.1988“.“Gestorben?“. Bei dieser Frage schossen Sandra wieder Tränen in die Augen, so dass Peter für sie antwortete: „01.12.2000“. „Du hast einen Job im Himmel. Es ist nicht weit. Frag einfach nach dem Engelschor. Auf Wiedersehen!“. Zu seiner Nachbarin flüsterte der Engel noch: “Armes Kind, wurde von einem Auto überfahren!“. „Komm machen wir uns auf, Sandra!“, rief Peter. „Du musst von Wolke zu Wolke springen! Das ist hier so üblich für die, die noch keine Engel sind und keine Flügel haben.“ Und so hüpfte Sandra von Wolke zu Wolke, immer höher und höher. Schließlich kamen sie beim Engelschor an. Er sang gerade einen wunderschönen Gospelsong. Die Stimmen der Engel klangen so hell und rein als würden 1000 Glöckchen klingeln. Sandra war ganz fasziniert. “Das klingt ja wunderschön!“, rief sie aus tiefsten Herzen. “Nicht wahr!? Finde ich auch“, antwortete Peter. Dann hörte der Chor auf zu singen. Der Dirigent, ein großer Engel, drehte sich um und begrüßte Sandra. Peter verabschiedete sich und flog wieder hinab zur himmlischen Jobagentur.
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Autorin / Autor: Aquagirl - Stand: 2. November 2002