Food For Us
Beitrag von Jasmin Pfeifer, 19 Jahre
„Guten Tag, Frau Haas.“
Mit klopfendem Herzen strecke ich B die Hand entgegen. „Danke, dass Sie für mich Zeit gefunden haben, B.“
„Wir haben Ihre Bewerbung geprüft und sind verwundert, dass Sie Ihren Arbeitsplatz wechseln wollen. Was hat Sie dazu veranlasst?“
Erleichtert über den leichten Einstieg rufe ich mir mein gestriges Übungsgespräch vor meinem Badezimmerspiegel ins Gedächtnis.
„Durch private Umstände haben sich einige Veränderungen in meiner Wohnsituation ergeben und durch meinen Umzug bräuchte ich morgens über dreißig Minuten via Shuttle-Board zu meiner alten Arbeit. Von Food For Us bin ich nur zehn Minuten entfernt.“
Meine Aussage trifft auf Schweigen seitens von B, welches mich jedoch nicht beunruhigt, da er vermutlich gerade meine Informationen überprüft. Bereits nach wenigen Sekunden Gesprächsstille, nimmt er das Gespräch wieder auf.
„Das klingt nach einer logischen Schlussfolgerung, da die Moosstraße wirklich nur knapp neun Minuten entfernt liegt. Bitte teilen Sie mir Ihren persönlichen Code für Ihr Health-Band mit.“
„9nBr!46sUö“ Die Kennziffer geht mir leicht von den Lippen, da bereits im Kindergarten neben Lieder und Gedichten auch unsere Kennziffern fürs Health-Band geübt wurden.
„Laut Ihrer Leistungskurve müssten Sie einen geteilten Dienst in Kauf nehmen, da Ihre zwei Hochpunkte zehn Stunden entfernt liegen. Wäre das für Sie annehmbar?“, stellt mir B die Frage.
„Auch in meiner alten Firma hatte ich Schichtdienste, aber dafür nur eine Fünf-Tage-Woche. Wäre das bei Ihnen auch der Fall?“
„Selbstverständlich gilt die 45-Stunden-Woche auch bei uns und deshalb sind nur fünf Tage Dienst pro Woche vorgesehen.“
Erleichtert darüber, dass dieser wichtige Punkt für mich geklärt ist, habe ich nur noch eine letzte Frage von meiner Seite aus: „Wie Sie wissen, komme ich ursprünglich aus der Pharmazie-Branche und habe deshalb kein Einarbeitungsjahr in der Lebensmittel-Branche absolviert. Wie wird das bei Ihnen gehandhabt?“
„Da Sie ein Jahr an einer Forschungsfrage im Ernährungsbereich gearbeitet haben, verzichten wir gerne auf eine Absolvierung des Einarbeitungsjahres“, zerstreut B meine Sorgen. „Allerdings müssten Sie sich zusätzlich zu Ihren bisherigen Impfungen noch gegen Hepatitis H immunisieren lassen.“
„Das erledige ich selbstverständlich gerne“, versuche ich einen guten Eindruck zu schinden.
„Sehr gut. Bitte folgen Sie mir nun zu einem kurzen Rundgang übers Gelände, damit Sie einen kleinen Einblick in die Firma bekommen.“
B öffnet eine Tür hinter seinem Schreibtisch, indem er seine Metallfinger in einer Vertiefung in der Wand bewegt. Ich folge ihm und sehe hinab in eine große Halle, in welcher massig Förderbänder stehen, an denen hunderte Menschen arbeiten – hoffentlich meine neuen Kollegen.
Am anderen Ende der Halle kann ich noch eine Tür entdecken, welche demnach der Mitarbeitereingang sein wird. Davor stehen zwei Roboter, vermutlich C’s oder D’s, die die Arbeiter beobachten.
In der Halle herrscht reges Treiben und es dringen leise Gesprächsfetzen in meine Ohren. Erfreut über den guten Eindruck, den mir dieses familiäre Miteinander vermitteln kann, wende ich mich B zu. „Die Firma ist fantastisch. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir eine Chance geben würden, hier Fuß zu fassen.“
„Ich leite die Aufnahme des Bewerbungsgespräches an A weiter, der eventuell noch ein Veto gegen Ihre Anstellung einbringen könnte, falls er etwas entdeckt, was mir entgangen ist.“
B streckt mir seinen Metallarm entgegen, welchen ich schüttle und mich dann verabschiede.
Nach einer Woche finde ich einen Ausweis im Postfach vor, welcher mich als Mitarbeiterin von Food For Us kennzeichnet. Ich lächle.
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Autorin / Autor: Jasmin Pfeifer, 19 Jahre