Eigentlich kreativ, aber stimmt das Image?
Warum so wenig Schüler_innen sich für Handwerksberufe entscheiden
Das Sprichwort "Handwerk hat goldenen Boden" hat heutzutage offenbar ausgedient, denn die Handwerksberufe stehen vor einem großen Problem: Immer seltener wollen Schüler_innen in diesen Bereichen eine Ausbildung machen. Der Grund: Das Image stimmt nicht, Eltern und Verwandte haben keine Verbindung mehr zum Handwerk, und sie erwarten von ihren Kindern, dass sie Abitur oder einen Hochschulabschluss machen. Darüber hinaus wissen immer weniger Jugendliche, was man in Handwerksberufen eigentlich so macht. Anders ist das natürlich bei Klassenkamerad_innen, die über ihre Bekannten und Verwandten noch Kontakte zu Handwerker_innen haben.
Könnte man also das Interesse steigern, wenn mehr über die aktuellen Tätigkeitsanforderungen in Handwerksberufen aufgeklärt würde? Denn eigentlich bietet die Arbeit im Handwerk laut den Ausbilder_innen genau das, was Jungen und Mädchen sich vor allem wünschen: abwechslungsreiche und kreative Arbeit unter Einsatz modernster Technik.
Es gibt da aber offenbar noch einen anderen wichtigen Punkt bei der Berufswahl: Für viele Jugendliche ist es wichtig, ob ein Beruf ihr Ansehen beziehungsweise ihre Stellung in ihrem sozialen Umfeld stärkt. Ist dies nicht so, gehen viele vom betreffenden Beruf auf Abstand, selbst dann, wenn ihnen die Arbeit darin gefallen würde. Dies sind Ergebnisse einer Befragung von rund 1.700 Schüler_innen, die das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) durchgeführt hat.
Wie aber kann man das ändern? BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser empfiehlt, dass Berufsorientierung in den Schulen nicht nur über Handwerksberufe und ihre modernen Arbeitsanforderungen informieren sollte. „Sie muss vielmehr auch Identifikationspotenziale für junge Menschen aufzeigen.“ Deshalb sei zum Beispiel die Idee richtig, Auszubildende als Ausbildungsbotschafter in die Schulklassen zu schicken. „Eine junge Auszubildende mit höherem Schulabschluss, die sich bewusst für einen männertypischen Handwerksberuf, wie zum Beispiel Klempner oder Metallbauer, entschieden hat, hat eine emotional wesentlich bedeutsamere Wirkung auf die Schülerinnen und Schüler als eine Broschüre, in der mit klugen Argumenten für eine von Klischees unabhängige Berufswahl geworben wird.“
Trotzdem müsse man vor allem die Eltern erreichen, um ihnen die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung noch stärker deutlich zu machen. Es müsse mehr kommuniziert werden, welche Karrierewege es gibt und wie im Handwerk attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten bis hin zum Berufsziel ‚Unternehmer‘ erreicht werden könnten. Auch direkt öffentlichkeitswirksame Maßnahmen könnten helfen, wieder mehr junge Leute für das Handwerk zu begeistern: zum Beispiel die Umwandlung von Studentenwohnheimen in "Bildungswohnheime", die auch für Auszubildende offen stehen oder die Einführung eines überregional gültigen Azubi-Tickets, vergleichbar mit dem Semesterticket für Studierende.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 19. Oktober 2018