Ich bin die Beste

Selektive Erinnerung fördert die Selbstüberschätzung, so eine neue Studie

Hand aufs Herz, wie geht ihr mit Lob und Kritik um? Bleibt bei euch das eine oder das andere mehr haften? Laut einer aktuellen Studie neigen offenbar viele Menschen dazu, ihre eigenen Leistungen und Fähigkeiten zu überschätzen, sogar dann wenn sie durch objektive Informationen eines Besseren belehrt werden. Ein Grund dafür ist, dass positives Feedback länger in Erinnerung bleibt als negative Rückmeldungen. Diesen Zusammenhang hat der Bonner Wirtschaftsprofessor Florian Zimmermann, Forschungsdirektor am briq-Institut für Verhalten und Ungleichheit, in einem umfangreichen Verhaltensexperiment empirisch nachgewiesen.

*Intelligenztest*
Für seine Studie ließ Zimmermann mehr als 700 Proband_innen einen Intelligenztest machen. Danach sollten sie angeben, für wie wahrscheinlich sie es halten, dass ihr Ergebnis in der oberen Hälfte einer Gruppe von zehn Testpersonen angesiedelt ist. Anschließend wurde ihnen gesagt, wie sie im Vergleich zu zwei anderen, zufällig ausgewählten Gruppenmitgliedern abgeschnitten hatten. Daraufhin durften sie ihre Einschätzung korrigieren. Einige von ihnen wurden direkt danach erneut befragt, andere erst nach einem Monat. Auf diese Weise konnte Zimmermann messen, wie die Proband_innen auf positives oder negatives Feedback reagieren und wie diese Reaktionen sich mit der Zeit verändern.

*Systematisch ausgeblendet*
Die Auswertung zeigt, dass die Teilnehmer_innen ihre Selbsteinschätzung direkt nach dem Feedback entweder nach oben oder unten korrigierten. War allerdings ein Monat vergangen, war das negative Feedback offenbar vergessen, denn die Selbstkorrektur fiel dabei deutlich schwächer aus. „Hinweise auf Selbstüberschätzung scheinen nach einer gewissen Zeit systematisch ausgeblendet zu werden“, erklärt Florian Zimmermann.

*Selektives Gedächtnis*
Wir haben anscheinend ein sehr selektives Gedächtnis, das dafür sorgt, dass unsere Erinnerungen optimistisch verzerrt werden. Denn als die Teilnehmer_innen nach einem Monat gefragt wurden, welche Infos sie zu ihrem relativen Abschneiden erhalten hatten, gaben diejenigen mit negativem Feedback entweder häufiger eine falsche Antwort an, oder sie konnten sich nicht an die Einordnung ihrer Leistung erinnern, selbst wenn ihnen andere Details des Experiments noch einfielen.

*Was beim Erinnern hilft*
Die negative Erinnerung war allerdings nicht ganz aus dem Gedächtnis „gelöscht“, sondern nur unterdrückt. Denn wurde die erneute Abfrage vorab angekündigt, konnten sich die Teilnehmenden nach einem Monat auch an negatives Feedback noch detailliert erinnern. Wenn man ihnen einen höheren Geldbetrag versprach, stieg die Erinnerungsfähigkeit soger noch.
„Informationen, die unser Ego ankratzen, sind immer unangenehm“, sagt Zimmermann. Allerdings brauche man normalerweise nicht zu befürchten, dass durch das Verdrängen eigener Misserfolge eine endlose Spirale der Selbstüberschätzung entstehe. „Je überzeugter wir von uns selbst sind, desto größer ist die Chance, negatives Feedback zu erhalten. Man müsste das schon völlig ignorieren, um nicht irgendwann auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt zu werden“, meint der briq-Forscher.
Die Ergebnisse sind jetzt im American Economic Review, einer der angesehensten Fachzeitschriften für Ökonomen, erschienen.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 6. Februar 2020