Es ist nicht fair. Es ist nicht gerecht. Es hätte nie zu dem Punkt kommen sollen, an dem wir uns jetzt befinden und es sollte nicht die Jugend sein, die das jetzt lösen muss. Aber wir haben es geschehen lassen, und es ist unsere Pflicht und unsere Verantwortung, alle unsere Kräfte einzusetzen, um eine der größten Bedrohungen unserer Zeit zu bekämpfen. Und dafür müssen wir keine Superhelden sein.
Wir wissen mittlerweile, dass der Klimawandel menschgemacht ist. Expertinnen und Experten aus aller Welt sind sich einig, dass unsere wachsende Konsum- und Wegwerfgesellschaft einem sicheren Ende entgegensteuert. Über Jahrzehnte haben technische Errungenschaften und die daraus folgende Globalisierung dazu beigetragen. Wenn wir uns ansehen, in welcher Geschwindigkeit die Luftverschmutzung steigt und in welchem Ausmaß wir ganze Meere zumüllen, wenn wir uns in Erinnerung rufen, wie viele Küstengebiete durch das Schmelzen der Pole und dem damit ansteigenden Meeresspiegel der totalen Überschwemmung nahestehen, dann stellt man sich die Frage, wie wir es so weit kommen lassen konnten und warum die politische und soziale Elite keinerlei Anstalten macht, dem entgegenzuwirken.
Wir sind gefangen in unserem eigenen Komfort. Leugnen ist leichter als handeln. Aber aus genau dieser Zone müssen wir ausbrechen. Die Wissenschaft ist sich einig, dass wir einige wenige Jahre haben, um das Schlimmste zu verhindern. Und wir können uns so glücklich schätzen, dass es trotzdem Leute gibt, die sich ganz gezielt dafür einsetzen, diese Folge abzuwenden oder zumindest zu vermindern. Ich weiß, viele sind genervt von ihnen, stempeln sie als Moralapostel ab, aber angesichts des Ernstes der Lage sollten wir beginnen, diese als ein Privileg zu sehen, als ein Geschenk, das uns vor einer wahrlichen Katastrophe bewahren kann.
Wir alle kennen Greta Thunberg. Die damals 15-jährige schwedische Schülerin, die mit ihren Schulstreiks weltweit Demonstrationen für den politischen und allgemeinen Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen hat und mit Millionen von Menschen damit eine Bewegung losgelassen hat, die schon jetzt nach zwei Jahren einen immensen Impakt auf unsere Umweltgedanken hat. Und diese monatelange Arbeit, dieses monatelange Ertragen von Kritik und Beschimpfungen von Leuten aus aller Welt, zusammen mit stundenlangen Klimademonstrationen, die für sie mit Asperger–Syndrom eine besondere Belastung darstellen, haben sie in keiner Minute auch nur einen einzigen kleinen Schritt abweichen lassen von ihrem Weg, der mit dem so schnell bekannt gewordenen Konzept der Fridays-For-Future–Demonstrationen der letzten zwei Jahre wahrscheinlich gerade erst am Anfang einer großartigen Reise ist, die uns schon in ihren Startlöchern eine Möglichkeit bietet, eine der größten Katastrophen unserer Zeit abzuwenden.
Jetzt bedenken wir aber eines: Heute ist Greta 17. Eine Jugendliche, eine Schülerin. Und in diesen zwei Jahren hat sie so unglaublich Großes geleistet, was andere sich in einem ganzen Leben nicht vorstellen können. Ich kenne sie nicht, aber ich bin mir fast sicher, Greta hat auch einmal so gedacht. Ich bin mir fast sicher, dass sie sich nie auch nur erträumt hätte, einmal klimaneutral von Europa nach Nordamerika zu segeln, für den Friedensnobelpreis nominiert zu werden, Millionen über Millionen von Menschen zu inspirieren. Und jetzt kommt das Beste: Sie ist eine von uns. Die ein Problem sieht und es lösen will. Sie ist kein Computer, kein Roboter. Und deshalb können wir auch das, was sie kann.
Und dabei müssen wir nicht einmal jeden Tag aufs Neue die Welt verändern. Es ist verständlich, dass nicht jeder alles tun kann. Aber wenn wir uns alle zusammenschließen und als eine Gemeinschaft sagen, dass wir dieses Problem geschlossen in Angriff nehmen und jeder sein persönliches Bestes gibt, dann haben wir noch eine Chance. Dann können wir es noch schaffen, nachfolgenden Generationen einen Planeten zu hinterlassen, den sie ohne weitere Probleme bewohnen können. Dann können wir unseren Kindern und Enkeln eine Welt als Heimat hinterlassen, auf der sie ihr Leben genauso genießen können, wie wir es heute tun. Und dazu müssen wir keine Superhelden sein. Öfter gehen statt mit dem Auto fahren. Weniger Plastik. Bewussterer Konsum. Weniger fliegen. Kleine Veränderungen im Alltag, die so großes bewirken können. Wir müssen keine Superhelden sein.