Mit geschlossenen Augen schwimme ich raus aus der kleinen Bucht, die meine Heimat ist seit ich denken kann. Ich lasse mich vom sanften Gang der Wellen leiten, hinaus in die weite Welt. Die Sonne scheint weit über mir, wärmt meinen Panzer. Plötzlich fällt von oben ein Schatten auf mich und ich höre das Kreischen einer Möwe. Noch ist sie weit oben, doch ich spüre sofort wie mein Herz schneller klopft und tauche ein in das tiefe Blau, immer weiter nach unten. In der Bucht ist es noch nicht so tief, als dass man sich vor der Sonne verstecken könnte, aber je weiter ich hinaus tauche, desto dunkler wird es. Mein Herz beruhigt sich und ich spüre wie die Aufregung von zuvor abnimmt und sich meine Sinne wieder schärfen. Neben mir entdecke ich einen kleinen Schwarm blau leuchtender Fische, die auseinander hetzen, als sich eine Wolke Tinte unter ihnen ausbreitet, aus der die Arme eines Tintenfisches hervorlugen. Dieser kommt mit schnellen Bewegungen und großen dunklen Augen aus seinem Versteck und sucht sich ein neues in einem kleinen Felsvorsprung, bewachsen mit roten Korallen. Langsam spüre ich, wie es mich zum Luftholen wieder nach oben zieht. Endlich werfe ich einen Blick zurück auf mein Zuhause, die kleine idyllische Bucht. Hinter mir sind nur noch wenige Nachzügler zu erkennen, die meisten haben wohl nicht getrödelt und sind schon in der Ferne auf dem Weg zu ersten Bekanntschaften. Ich will gar nicht daran denken, dass einige vermutlich dieses Stück schon nicht überstanden haben...
Ich tauche auf. Der Himmel ist bedeckt. Die Landschaft um mich herum hat sich nicht sonderlich verändert. Neben mir ist wieder die Küste zu sehen. Ich gerate in eine Gruppe Fische, die von einem rötlichen Schimmer umgeben sind. Es wirkt magisch und unter uns ist nur das dunkle Blau zu sehen, wo hin und wieder ein dunkler Schatten auftaucht.
Auf einmal sehe ich es: ein Glitzern, leicht, unter den wenigen Sonnenstrahlen, die durch die Wolkendecke scheinen. Schnell schwimme ich näher, - das muss etwas zu essen sein. Von Nahem ist es weitaus größer, als ich gedacht habe. Das Tier vor mir hat eine fast durchsichtige Haut, ohne irgendein Inneres, ohne irgendwelche Gefühle, ein Herz, ein Gehirn. Es wirkt wie eine Qualle, bewegt sich lediglich durch die Strömung und doch ist es deutlich fester. Es wird in meine Richtung bewegt, dann wieder zurück. Mittlerweile bin ich so nah, dass ich zuschnappen kann. Ohne dass ich es bemerke, wölbt es sich, sodass eine Art Höhle entsteht, in die ich hineinschwimme. Ein Schlund, ohne restlichen Körper. Am Beginn des Maules sind gegenüberliegende Löcher. Ich schieße vorwärts, öffne den Mund und beiße zu. Ich halte fest, aber mein Gegner spürt nichts, ignoriert die Stelle und ich spüre, wie ich immer weiter festgehalten werde. Nicht mehr los komme. Ich schüttle den Kopf, versuche, meinen Feind so weit zu verletzen, dass er aufgibt. Der eigentliche Angriff auf eine Beute wird zu einem erbitterten Kampf ums Überleben. Langsam wird die Luft knapper, ich muss zurück an die Oberfläche! Ich muss atmen! Der Weg ist nicht weit, so nah der Sauerstoff. Meine Lunge zieht sich zusammen! Meine Versuche zu kämpfen werden offensiver, verzweifelter. Ich bemerke, dass ich zu fest gehalten werde, um mich befreien zu können. Ich verliere die Kontrolle über meinen Körper. Er beginnt zu zucken; die Beherrschung entgleitet mir vollends. Ich werde den Kampf nicht gewinnen. Niemand hört mich, niemand wird mich retten. Ich sinke, meine Rettung, die Oberfläche, ist nun nur noch ein Traum; die Hoffnung verloren.
Langsam fallen meine Augen zu,- da! - von oben kommt etwas auf mich zu! Ich spüre, wie ich nach oben gezogen werde, der Oberfläche näher, dann endlich an der Luft. Ich atme ein, spüre wie sich schmerzhaft meine Lungen wieder füllen. Jemand hat mich gerettet! Mein Körper wird ganz aus dem Wasser gehoben. Langsam komme ich wieder zu mir, sehe mich um und entdecke meinen Retter: ein kleines Mädchen, ein Menschenkind. Eines der Wesen vor denen im gesamten Meer eine gewaltige Angst sowie Abscheu herrscht, hat mir mein Leben gerettet. Jemand einer Art, die unser aller Lebensraum für nichtige Zwecke zerstören, – doch nun empfinde ich Dankbarkeit für einen ihrer Art. Kann das sein?
Das Meer - die Faszination von Milliarden an Menschen, die Heimat von Billionen Lebewesen, die Rettung vor CO2. Das Blau des Ozeans repräsentiert Ruhe, Frische, Geheimnisse. Doch die Schönheit und Reinheit unserer Vorstellungen trügt, - die Illusionen der Weltmeere schwinden, an ihre Stelle tritt eine, zuvor nie dagewesene, Katastrophe: unser Meer, voller Geheimnisse und der größte Lebensraum, ist bedroht. Es wird zu einer riesigen Müllkippe aus Plastik. So landen jährlich etwa acht Millionen Tonnen Plastik im Meer. Das Plastik wird in immer kleinere Teile zersetzt und wird zu Mikroplastik, an dem laut WWF pro Jahr zehntausende Lebewesen sterben. Zu dem Problem des Verfangens existiert noch ein Weiteres: der Plastikmüll wird oftmals mit dem eigentlichen Futter verwechselt, sodass es dann den Magen insofern füllt. Es kommt zu einem fälschlichem Sättigungsgefühl. Die Tiere verhungern trotz vollem Magen.
Doch Plastik wird stets weiter produziert. Trotz mehrerer Start Ups zum Plastikmüll-Sammeln stellt sich nun also die Frage:
Wie wichtig ist uns das Thema wirklich? Sind wir zu einem Umdenken bereit? -denn es wird immer deutlicher, dass dies dringend nötig ist!