Ruhig ein wenig dicker auftragen!
Studie: Frauen trauen sich oft nicht, eine deftigere Sprache zu nutzen, obwohl ihnen die meisten - gerade deswegen - mehr vertrauen
Wir alle hören Reden lieber zu, wenn sie nicht langweilig sind, sondern auch mal pointiertere Begriffe enthalten. Frauen trauen sich allerdings häufig nicht, eine durchsetzungsfähige Sprache zu verwenden, aus Angst, damit anzuecken. Tatsächlich würde es ihnen aber nicht verübelt werden, das ergab eine neue Studie unter der Leitung der Wirtschaftswissenschaftlerin Shanthi Manian von der Washington State University.
Für ihr Experiment rekrutierten Manian und ihre Kolleg_innen etwa 1.000 Personen, die ein schwieriges Online-Spiel spielen sollten. Die Spieler_innen wurden entweder mit einem männlichen oder weiblichen Coach gepaart, der online Ratschläge gab, wie man das Spiel spielen sollte, um die größte Belohnung zu erhalten.
Die Interaktionen zwischen Spieler_innen und Anführer_innen unterschieden sich nur im Geschlecht der Coaches und in den verwendeten Ausdrücken der Anführer_innen. Einmal wurden die Ratschläge in einer weniger durchsetzungsfähigen Sprache formuliert, mit Aussagen wie "Du hast wahrscheinlich bessere Problemlösungsfähigkeiten als ich, aber hier kommt mein Tipp...", ein anderes Mal wurden selbstbewusttere Tipps gegeben, wie "Wenn du auf meinen Rat hörst, kann ich dir versichern, dass meine Fähigkeiten und Erfahrungen dir helfen werden, in diesem Spiel gut abzuschneiden."
Zwar gaben alle Coaches die gleichen guten Ratschläge, aber die Teilnehmer_innen hörten viel mehr auf die durchsetzungsfähigeren Aussagen. Dabei war den Versuchspersonen offenbar völlig egal, welches Geschlecht die Ratgebenden hatten. Die Gruppe mit einer weiblichen Führungskraft, die eine selbstbewusste, unverblümte Sprache benutzte, befolgte den Rat genauso häufig wie die Gruppe, die einen männlichen Coach hatten, obwohl die meisten Teilnehmer_innen diese Sprache als eher männlich charakterisierten.
"Es war überraschend. Wir sahen keine tatsächliche Diskriminierung: Die Versuchspersonen selbst schienen auf Männer und Frauen in etwa gleich zu reagieren", so Manian.
Das Forschungsteam war überrascht, denn frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass Menschen, die gegen Geschlechternormen verstoßen, mit Gegenreaktionen rechnen müssen. In diesem Experiment jedoch hörten die Teilnehmer_innen genauso gerne auf die weiblichen Coaches und fanden sie nicht weniger sympathisch.
Die reale Reaktion war tatsächlich anders als das was die Versuchspersonen angenommen hatten. Bei einer Befragung hatten sie nämlich vermutet, dass das Geschlecht sehr wohl eine Rolle spielen würde bei der Akzeptanz von markiger Sprache. Außerdem wurden sie auch gefragt, welche Art von Sprache sie wählen würden, wenn sie Coach wären. Zwar war den meisten Männern und Frauen eine durchsetzungsfähigere Sprache lieber, aber die Wahrscheinlichkeit, dass Männer die Sprachoption mit den meisten kernigen Sprüchen bevorzugten, lag um zehn Prozentpunkte höher.
Laut den Studienautor_innen werfen die Ergebnisse Fragen darüber auf, warum Frauen eine zurückhaltendere Sprache bevorzugen und welchen Preis sie dafür zahlen könnten. "Die Tatsache, dass die Probanden Diskriminierung erwarteten, legt nahe, dass die Menschen nicht wissen, wann und warum Diskriminierung stattfindet."
Solltet ihr also bald eine Rede oder ein Referat halten müssen, habt keine Angst, zu "laut" zu wirken, wenn ihr mal ein paar schroffere Begriffe verwendet. Ihr werdet nicht nur trotzdem, sondern gerade deswegen gemocht ;-)
Die Studie wurde am 17. Februar in Management Science veröffentlicht.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 22. Februar 2021