Studie untersuchte, was im Gehirn von "Game of Thrones"-Fans abläuft, wenn sie sich mit bestimmten Figuren identifizieren
Gehört ihr auch zu denen, die sich beim Lesen oder Filme gucken im Leben ihrer Lieblings-Charaktere verlieren und fast schon zu der Person werden, mit der sie mitfiebern? Warum das so ist, haben nun Wissenschaftler_innen der Ohio State University untersucht.
Für ihre Studie scannten sie die Gehirne von 19 selbsternannten Fans der Serie "Game of Thrones", während sie über sich selbst, neun ihrer Freunde und neun Charaktere aus der Serie nachdachten. (Die Charaktere waren Bronn, Catelyn Stark, Cersei Lannister, Davos Seaworth, Jaime Lannister, Jon Snow, Petyr Baelish, Sandor Clegane und Ygritte.) Die Teilnehmer_innen hatten vorher angegeben, welchem "Game of Thrones"-Charakter sie sich am nächsten fühlten und welchen sie am meisten mochten. Die Forscher_innen waren besonders daran interessiert, was in einem Teil des Gehirns passiert, der ventraler medialer präfrontaler Kortex (vMPFC) genannt wird. Dieser zeigt eine erhöhte Aktivität, wenn Menschen an sich selbst denken, und eine etwas verringtere, wenn sie an enge Freunde denken.
Während der Scan-Untersuchung wurde den Teilnehmer_innen eine Reihe von Namen gezeigt - mal ihr eigener, mal einer ihrer neun Freund_innen und ein anderes Mal einer der neun Charaktere aus "Game of Thrones". Jeder Name erschien über einer Eigenschaft, wie einsam, traurig, vertrauenswürdig oder klug. Die Teilnehmenden sollten sagen, ob das jeweils die Eigenschaft war, die die Person beschrieb, während die Forscher gleichzeitig die Aktivität im vMPFC-Teil ihres Gehirns maßen. Wie erwartet war dieser Gehirnbereich am aktivsten, wenn die Teilnehmer sich selbst bewerteten, weniger aktiv, wenn sie Freund_innen bewerteten und am wenigsten aktiv, wenn sie "Game of Thrones"-Figuren bewerteten.
Bei denjenigen aber, die sich sehr stark mit den Charakteren identifizierten, war der getestete Gehirnbereich aktiver, wenn sie an ihre fiktiven Figuren dachten, als bei jenen, die sich weniger mit den Charakteren identifizierten. Dieses Hirnareal war besonders aktiv, wenn sie den Charakter bewerteten, dem sie sich am nächsten fühlten und den sie am meisten mochten.
In einem Fragebogen, den die Teilnehmer_innen im Rahmen der Studie ausfüllten, stimmten diese Teilnehmer auch Aussagen wie "Ich kann mich wirklich in die Gefühle der Romanfiguren hineinversetzen" am stärksten zu.
*Denken und fühlen wie meine Lieblingsfigur*
Fazit: Menschen, die dazu neigen, in eine fiktionale Figur "einzutauchen", nutzen denselben Teil des Gehirns, wenn sie über die Figur nachdenken und über sich selbst. "Wenn sie an einen fiktiven Lieblingscharakter denken, erscheint dieser in einem Teil des Gehirns ähnlich, wie wenn sie an sich selbst denken", sagte Timothy Broom, Hauptautor der Studie. "Sie berichten, dass sie denken, was die Figur denkt und dass sie fühlen, was die Figur fühlt. Sie bewohnen die Rolle dieser Figur."
Die Fantasy-Dramaserie, die acht Staffeln lang lief und von politischen und militärischen Konflikten zwischen Herrscherfamilien auf zwei fiktiven Kontinenten handelte, sei ideal für diese Studie, so Broom, weil sie eine treue Fangemeinde anziehe und die große Besetzung eine Vielzahl von Charakteren präsentiere, mit denen sich die Menschen anfreunden könnten.
"Die Ergebnisse helfen zu verstehen, wie es kommt, dass Fiktion einen so großen Einfluss auf manche Menschen haben kann", sagte Dylan Wanger, Co-Autor der Studie. Für manche Menschen sei Fiktion eine Chance, neue Identitäten anzunehmen, Welten durch die Augen anderer zu sehen und von diesen Erfahrungen verändert zurückzukehren.
Auch in früheren Studien sei schon festgestellt worden: wenn Menschen Geschichten so erleben, als wären sie eine der Figuren, wird eine Verbindung zu dieser Figur hergestellt und die Figur wird mit dem Selbst verwoben. "In unserer Studie sehen wir Beweise dafür in ihren Gehirnen."
Die Studie wurde kürzlich online in der Zeitschrift Social Cognitive and Affective Neuroscience veröffentlicht.