Was zum Henker ...?

Germanistin an der Uni Graz: Hinrichtungen und Folterpraktiken sind in vielen bildichen Ausdrücken präsent

Fühlt ihr euch manchmal gerädert? Oder piesackt euch jemand? Habt ihr die Feuerprobe bestanden? Unsere Sprache ist voller Ausdrücke, die die aus dem Bereich des Rechts vergangenerJahrhunderte und nicht selten auf grausame Folter- und Hinrichtungsmethoden zurückgehen. Das hat die Germanistin Gerlinde Gangl gezeigt, die für ihre Masterarbeit an der Universität Graz über 300 Belege für häufig verwendete bildliche Ausdrücke in der deutschen Sprache gesammelt und dokumentiert hat. Gangl ordnete die Begriffe 17 Kategorien zu, die von ‚Rechtsformeln‘ und ‚Rechtssymbolik‘ über ‚Delikte‘ und ‚Vernehmung‘ bis hin zur ‚Hinrichtung‘ reichen. Die meisten von ihnen nahmen dabei Bezug auf Hinrichtungsarten und Folterpraktiken ("Daumenschrauben anlegen, an den Pranger stellen", "mit Hängen und Würgen", "herauskitzeln").

Piesacken kommt vom Ochsenziemer

Bei einigen Begriffen ist der Bezug leicht zu erkennen - etwa, wenn wir Kopf und Kragen riskieren, kurzen Prozess machen, wenn jemand einen Kopf kürzer gemacht wird oder einer Leute schindet, was so viel bedeutet, wie ihnen die Haut abzuziehen. Bei Begriffen wie "piesacken" ist es nicht ganz so offensichtlich. Hier muss man die Herkunft des Wortes kennen: „So kommt etwa Piesacken vom niederdeutschen Wort Pesek aus dem 18. Jahrhundert. Es bezeichnete einen Schlagstock, den sogenannten Ochsenziemer“, erklärt Gangl.

Die zweithäufigste Kategorie betraf Begriffe, die sich aus alten Rechtspraktiken ableiten lassen und nicht immer so blutig ausfallen wie die Kategorie der Hinrichtungen. Etwa der Ausdruck "etwas auf dem Kerbholz haben" - der ausdrückt, dass jemand nicht ganz unschuldig ist und etwas Unrechtes getan hat - verweist auf eine gängige Praxis, bei der Schulden oder vertragliche Verbindlichkeiten auf einem Holzstück festgehalten wurden.

Das Auge des Gesetzes ist schon sehr alt

Viele der Sprachbilder, die wir verwenden, haben ihren Ursprung in Praktiken des Mittelalters. Manche aber lassen sich viel weiter zurückverfolgen. „So war das Auge im alten Ägypten als Symbol dem Gott Osiris als gerechtem Richter zugewiesen, wurde in der Antike zum „Auge der Gerechtigkeit“ und schließlich zum „Auge des Gesetzes“, halb scherzhaft für die Polizei.

Die Arbeit von Gerlinde Gangl ist der abschließende Beitrag zum Langzeitprojekt „Deutsche WortSchätze“, das von Wernfried Hofmeister im Jahr 2000 am Institut für Germanistik der Universität Graz initiiert wurde. Gesammelt und erläutert wurden seitdem tausende bildhafte Ausdrücke aus den Bereichen der Wehrkultur (z.B. "wie aus der Pistole geschossen"), des Sports (z.B. eine Nasenlänge voraus"), der Religion (von Hiobsbotschaft bis Höllentempo), der Musik (anleiern, ausposaunen), der Ernährung (z.B. absahnen, versemmeln), der Mathematik, des Spiels, des Theaters, der Schrift (auf den Punkt bringen), der Magie (z.B. "wie von Geisterhand") und des Rechts.

Mehr über das Projekt WortSchätze auf www.lizzynet.de

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 20. Juni 2022