Wirtschaftsmathematikerin und Umweltforscherin

Dr. Sonja Peterson ist eine der Expert:innen aus der Forschungsbörse des Wissenschaftsjahres 2010 - Die Zukunft der Energie

Dr. Sonja Peterson

Wirtschaftswissenschaftliche Forschung zu Klima und Energie am Institut für Weltwirtschaft ist das Arbeitsgebiet von Dr. Sonja Peterson, was da genau hintersteckt und warum sie zu dieser Berufswahl kam, erzählt sie netterweise in einem Interview hier auf LizzyNet.

GutenTag Frau Dr. Peterson. Stellen Sie sich kurz vor?
Mein Name ist Sonja Peterson, ich werde dieses Jahr 37 Jahre alt und wohne mit meinem Partner und meinem fast vierjährigen Sohn in einem alten Haus mit großem Garten in der Nähe von Kiel. Studiert habe ich zunächst Wirtschaftsmathematik an der Universität Hamburg. Damit wollte ich mein Interesse an Mathematik mit einem praktischen Anwendungsfeld verbinden. An der Volkswirtschaftslehre hat mich dann begeistert, dass Sie sich damit beschäftigt unsere Gesellschaft, die stark durch die Marktwirtschaft geprägt wird, zu verstehen und zu verbessern. Besonders faszinierte mich die Umwelt- und Ressourcenökonomie. Sie beschäftigt sich mit der Frage wie sich unsere knappen natürlichen Ressourcen am besten nutzen lassen und wie übermäßige Umweltverschmutzung (ein Thema das mir schon damals wichtig war und immer noch wichtig ist) verhindert werden kann - und dies mit marktwirtschaftlichen Instrumenten. Ich habe dann ein Jahr in den USA an der University of Coloardo at Boulder VWL mit Schwerpunkt Umwelt- und Ressourcenökonomie studiert und meinen Master gemacht. Nach meinem deutschen Diplom habe ich 3 Jahre lang in dem interdisziplinären Doktorandenprogramm "Integrative Umweltbewertung" in Kiel mit Juristen, Naturwissenschaftlern und Ökonomen promoviert und anschließend als Forscherin im Bereich "Umwelt und natürliche Ressourcen" am Institut für Weltwirtschaft begonnen. Dort arbeite ich seit 2002 und leite mittlerweile den Forschungsbereich.

Forschungsbörse

Mit der Forschungsbörse bringt das Wissenschaftsjahr Energie Forscherinnen und Forscher mit Kindern und Jugendlichen zusammen: Lehrkräfte und ihre Schulklassen können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu sich ins Klassenzimmer einladen – oder sie an ihrem Arbeitsplatz besuchen.
www.forschungsboerse.de

Mit was genau beschäftigen Sie sich beim Institut für Weltwirtschaft?

Das IfW ist ein Wirtschaftforschungsinstitut. Generell ist das Ziel, ökonomische Forschung zu gesellschaftlich relevanten Themen zu betreiben und die Forschungsergebnisse an politische Entscheidungsträger und die weitere Öffentlichkeit heranzutragen. Das größte Thema in unserem Forschungsbereich ist der Klimawandel: welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat er, wie sind unterschiedliche Ansätze europäischer und internationaler Klimapolitik zu beurteilen, welche Emissionsvermeidungsoptionen sind sinnvoll. Zum Beispiel habe ich untersucht, wie die europäischen Emissionsziele mit möglichst geringen Kosten erreicht werden können und wie das EU Ziel, den Anteil von Biokraftstoffen an Benzin und Diesel auf 10% zu erhöhen zu beurteilen ist.

Eine andere Arbeit beschäftigt sich mit der Frage wie international eine faire und für alle Länder akzeptable Kostenaufteilung für Emissionssenkungen erreicht werden kann. Ganz konkret habe ich mir letztes Jahr zusammen mit Kollegen angesehen, wie viel Geld aus den weltweiten Kojunkturprogrammen in "grüne" Maßnahmen geflossen ist und welche dieser Maßnahmen besonders sinnvoll sind - aus ökonomischer und ökologischer Sicht.

Wie hängt dieThemen Umwelt, Energie und Wirtschaft für Sie zusammen?

Ressourcenknappheit und Umweltverschmutzung hängen in den allermeisten Fällen stark von Wirtschaftsaktivitäten ab: Sei es die Fischerei, die für die Überfischung der Meere verantwortlich ist, die Industrie, die Schadstoffe ausstößt oder unsere Art und Weise Energie zu nutzen, die den Klimawandel befördert. Deshalb kann man Umweltprobleme in meinen Augen nur dann lösen, wenn man das Wirtschaftssystem entsprechend reguliert. Das Problem beim Thema Energie ist, dass bislang jeder Emissionen in die Luft blasen kann ohne dafür verantwortlich zu sein oder dafür bezahlen zu müssen. In der Ökonomie redet man davon, dass es "negative externe Effekte" gibt, die nicht in Entscheidungen einbezogen werden, aber der Allgemeinheit schaden - bei der Verbrennung fossiler Energie ist dies der Klimawandel. Die Ökonomie bietet Lösungsvorschläge, wie diese externen Effekte berücksichtigt werden können - z.B. in dem man wie im europäischen Emissionshandelssystem für den Ausstoß von CO2-Emissionen ein Zertifikat braucht. Hat man nicht genug Zertifikate kann man Emissionen vermeiden, oder muss Zertifikate hinzukaufen. Auf diese Art und Weise werden Emissionen da vermieden, wo es am günstigsten ist.

Was ist Ihrer Meinung nach im Moment die größte Herausforderung für die Energiepolitik?

Die größte Herausforderung in der Energiepolitik ist gegen starke Interessengruppen die Weichen für ein CO2-armes Energiesystem zu stellen. Das Wissen darüber, was geschehen müsste ist da, aber dies in Politik zu gießen ist, wie die gescheiterte internationale Klimakonferenz in Kopenhagen gezeigt hat, sehr schwer. Weltweit muss vor allem ein Mechanismus gefunden werden, der die Verantwortung der Industrieländer für den bisherigen Ausstoß an Treibhausgasemissionen und ihre höhere Wirtschaftskraft berücksichtigt, aber gleichzeitig Anreize für Entwicklungsländer bietet, ebenfalls die Emissionen zu senken ohne ihre Entwicklung zu gefährden.

Wie sehen für Sie persönlich die umweltfreundlichsten Energiequellen der Zukunft aus?

Ein nachhaltiges Energiesystem wird auf unterschiedlichen erneuerbaren Energiequellen basieren, die je nach Verfügbarkeit eingesetzt werden - dazu gehören Geothermie, Windenergie, Wasserenergie, Bioenergie primär aus Reststoffen und natürlich Solarenergie. Letztere ist die einzige erneuerbare Energiequelle mit quasi unbegrenztem Potenzial und langfristig wird sie die wesentliche Stütze des Energiesystems sein müssen. Kurzfristig ist die wichtigste nachhaltige Energiequelle die Energieeinsparung - hier ist das Potenzial noch riesig.

Was halten Sie von Bioenergien? Es gibt da ja auch Kritik, da ihre Erzeugung Konkurrenz zu Nahrungsmittelerzeugung darstellen kann.

Ich bin der Meinung, dass weltweit die Ernährungssicherung, d.h. die Vermeidung von Hunger Vorrang hat. Bei einer steigenden Weltbevölkerung ist das Potenzial für den Anbau von Energiepflanzen für die Herstellung von Bioenergie damit begrenzt und weit niedriger als oft dargestellt. Außerdem sind andere Formen der Emissionsvermeidung vor allem Effizienzsteigerungen aber z.B. auch Windenergie viel billiger. Zusätzlich ist gerade bei Biokraftstoffen, die jetzt so gefördert werden, die Energieausbeute je Hektar besonders gering. Wärme und Strom aus Bioenergie zu gewinnen ist sinnvoller. Was auf jeden Fall genutzt werden sollte, ist das Potenzial Bioenergie aus bislang nicht verwerteten Reststoffen herzustellen. Beim Anbau von Energiepflanzen sind Nachhaltigkeitsstandards einzuhalten - wir waren gerade an einem Projekt beteiligt, in dem es darum ging, ein Zertifizierungsverfahren für nachhaltige Bioenergie zu entwickeln und auf den Weg zu bringen.

Und zum Schluss: Was versprechen Sie sich vom Wissenschaftsjahr  2010 - Die Zukunft der Energie? Und natürlich von ihrer Tätigkeit in der "Forschungsbörse"?

Vom Wissenschaftsjahr verspreche ich mir, dass für die Probleme unseres heutigen Energiesystems sensibilisiert wird und Wege hin zu einem nachhaltigen Energiesystem publik gemacht werden, um es so der Politik zu erleichtern zu handeln und auch um eigenes Verhalten kritisch zu hinterfragen. Von meiner Beteiligung an der Forschungsbörse erhoffe ich mir, junge Leute für die Umweltökonomie zu begeistern und meine Forschungsergebnisse und meine Arbeit in die Öffentlichkeit zu tragen.


Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei Ihren Projekten!

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Autorin / Autor: Rosi Stolz/ Dr. Sonja Peterson - Stand: 17. Februar 2010