Museumsdirektorin - Teil 2
Wie sehen deine Tätigkeiten aus? Kannst du ein paar konkrete Beispiele nennen?
Ich habe im Moment viele Eisen im Feuer, hauptsächlich organisatorische Sachen wie Personal oder Finanzen. Gerade war ein Vertreter eines Getränkeherstellers zu Besuch, der die Getränkeautomaten in unserem Museumscafe finanzieren will. Auf meinem Schreibtisch liegt ein Angebot für eine Untersuchung, mit der ich herausfinden will, wie unser Museum eigentlich beim Publikum ankommt und was wir verbessern können. Dann muß ich mich dringend auf eine Tagung vorbereiten. 100 Museumsleute aus ganz Deutschland besuchen uns. Das sind wichtige Kontakte. Ganz heftig brüte ich gerade über dem Ausstellungsprogramm für das nächste Jahr. Vier Ausstellungen sollen es sein: die Schönheitsgeschichte, dann eine Ausstellung mit alten optischen Wundermaschinen zum Thema „Licht und Schatten“. Über dem Rest grüble ich noch: Wenn ich mich für das falsche Thema entscheide, kommen keine Leute und mir fehlen die Einnahmen. Und ich muss berücksichtigen, was die fleißigen Hände und Köpfe, die hier arbeiten, überhaupt schaffen können. Sonst gibt’s eine Meuterei... zu Recht!
Was magst du an deiner Arbeit am liebsten?
Ich habe gerne mit den Menschen und ihrer Geschichte zu tun. Und ich nehme die Aufgabe ernst, diese Erinnerungen für die Nachwelt zu erhalten. In unserer Ausstellung zur Stadtgeschichte gibt es beispielsweise eine Schreibmaschine, auf der während der Nazi-Zeit junge Männer und Frauen im Widerstand unter Lebensgefahr ihre politischen Botschaften verfassten. Das Stück wurde uns von einem alten Mann übergeben, der damals dabei war und eine furchtbare Zeit im Konzentrationslager überlebt hat. Sein Vater, ein bekennender Kommunist, wurde von den Nazis ermordet.
Es gibt natürlich auch Bereiche im Museum, die einfach nur Spaß machen: Wenn eine Ausstellung gut gelungen ist, tolle Objekte zusammengekommen sind und wir sie schön in Szene gesetzt haben. Bei der Eröffnung ist das dann wie im Theater: der Vorhang geht auf und alle staunen.
Und was magst du gar nicht?
Manchmal habe ich wirklich Stress. Heute zum Beispiel ging es hier zu wie im Taubenschlag: Telefon, Besucher, Streit im Haus. Ich musste ständig wieder auf neue Themen umschalten und manchmal glaube ich, ich hätte besser Psychologie studieren sollen.
Gibt es eigentlich viele MuseumsdirektorINNEN oder ist das eher ein Männerberuf?
Es ist wie überall: je höher es geht, um so dünner wird die Luft für Frauen. Im Kulturbereich gibt es aber schon mehr Frauen als in der Wirtschaft. Wir spinnen nach und nach ein lebendiges, buntes Netzwerk, und es ist toll, wenn die bunten Vögel aus der Kulturszene zusammentreffen. Ich habe einige Lieblingsmuseumsfreundinnen, wir besuchen uns gegenseitig und führen uns durch unsere Ausstellungen. Eine arbeitet in einem Freilichtmuseum mit einem Bauernhof, der noch wie anno dazumal geführt wird. Dort werden alte Pferde- und Rinderrassen gezüchtet. Meine Freundin lässt es sich nicht nehmen, höchstpersönlich den traditionellen Mai-Ritt durchs Dorf anzuführen. Wir sind alles Frauen, die gerne mitanpacken.
Was sind deine Hobbys? Haben sie eine Verbindung zu deinem Beruf?
Ich mag alles, was mit Kunst und Kultur zu tun hat, ich treffe mich gern mit meinen Freundinnen, ich mach zum Ausgleich ein wenig Sport und ... kaum zu glauben: ich gehe oft und gerne ins Museum.
Wenn du einen Wunsch frei hast - was würdest du dir wünschen?
Nichts, was direkt mit meiner Arbeit zu tun hätte: Ich wünschte mir innere Harmonie und das gelegentliche Gefühl, glücklich zu sein.
Wen würdest du am liebsten auf eine einsame Insel verbannen?
Alle rücksichtslosen Schwarzweißdenker, alle lächelnden Lügner, alle die, die devot mitmarschieren. Die Insel würde ganz schön voll.
Autorin / Autor: Susi/Redaktion - Stand: 13. September 2002