Was nützt die gute Mathenote?
Hemmt Positiv-Diskriminierung begabte Mädchen?
Man hört schon von Ferne den empörten Aufschrei, wenn die Erkenntnis publik wird, dass Mädchen im Mathematik-Unterricht besser benotet werden als Jungen mit gleichen Leistungen. Das ist doch Diskriminierung! Offenbar aber ist aber dieser scheinbare Vorteil für die Mädchen in Wahrheit eher nachteilig, denn Mädchen begreifen sehr schnell, dass dass die gute Mathe-Note bei ihnen weniger wert ist als bei Jungen. Das meint zumindest die Forscherin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) Lydia Mechtenberg, die resümiert: Die echten Verliererinnen sind mathematikbegabte Mädchen, die ihr Potenzial nicht nutzen.
Mädchen bekommen die bessere Mathenote - kein Vorteil?
Der Hintergrund: Empirische Bildungsforscher haben festgestellt, dass das Feedback, das Lehrer ihren Schülerinnen und Schülern mit Noten geben, alles andere als geschlechtsneutral ist. Mädchen werden im Mathe-Unterricht bei gleicher Leistung besser bewertet als Jungen. Studien belegen zudem, dass LehrerInnen bewusst nicht nur Leistung und Talent, sondern auch Einstellung und soziale Kompetenz von Schülern in die Fachnote einfließen lassen.
Kein Vertrauen mehr in die Mathenote
Die Bevorzugung durch die bessere Benotung ist aber nur auf den ersten Blick ein Vorteil für die Mädchen. Die Langzeitwirkung ist dagegen negativ: Weil die Mädchen mit der Zeit vermuten, dass die gute Note eher auf Sympathien des Lehrers oder eigenen Fleiß (statt Talent) zurückzuführen ist, beginnen sie, ihren guten Zensuren zu misstrauen – auch dann, wenn diese gerechtfertigt sind. So kann eine Art Bumerang-Effekt entstehen: Das Misstrauen der Mädchen gegenüber ihrer Mathenote kann wiederum bei den Mathelehrern dazu führen, dass sie die Mädchen noch mehr bevorzugen. Ganz nach dem Motto: "Sie glaubt einfach nicht, dass sie gut ist, deswegen muss ich sie mehr belohnen."
Die Spieltheorie zeigt, dass am Ende die mathematisch begabten Mädchen als Verliererinnen dastehen. Sie werten nämlich die gute Note ab, die sie zu Recht erhalten haben. Obwohl sie begabt sind, glauben sie nicht wirklich an ihr Talent. Deshalb erbringen sie weniger Spitzenleistungen als die begabten Jungen mit guten Noten.
Hoffen wir nur, dass LehrerInnen diese Meldung nicht zum Anlass nehmen, begabten Mathematikschülerinnen nun bewusst eine schlechtere Note zu geben, nur um sie nicht zu hemmen. Denn das wäre dann sicherlich auch nicht im Sinne der Erfinderin!
Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 1. September 2010