Depressive Mädchen, drogengefährdete Jungs
Europaweite Studie zu selbstschädigendem Verhalten bei Jugendlichen präsentiert erste Ergebnisse
Ein Drittel aller Schülerinnen zwischen 14 und 16 Jahren im Rhein-Neckar-Kreis hat sich schon einmal absichtlich eine Schnittverletzung zugefügt; rund 18 Prozent der Schülerinnen und 8 Prozent der Schüler tun dies häufiger. Dies sind die ersten Ergebnisse einer großen Schulstudie mit dem Titel „Saving and Empowering Young Lives in Europe (SEYLE)“, die die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg im Januar 2010 in Kooperation mit zehn weiteren Zentren anderer EU-Staaten und Israel gestartet hat. Ziel der Studie ist es, psychische Probleme von Jugendlichen zu erkennen und mit gezielten Präventionsmaßnahmen selbstschädigendem Verhalten wie u.a. dem oben genannten Ritzen, Internetsucht, Drogen- oder Alkoholkonsum vorzubeugen.
*Rund 1.400 Schüler an 26 Schulen nahmen teil*
In welchem Ausmaß Schüler zwischen 14 und 16 Jahren unter psychischen Problemen leiden und wie häufig riskante und selbstschädigende Verhaltensweisen auftreten, haben die Wissenschaftler im ersten, bereits abgeschlossenen Teil der Studie untersucht: Dazu wurden in der Rhein-Neckar-Region 1.411 Schüler an insgesamt 26 Schulen – Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien – mittels Fragebogen befragt.
*Vor allem Mädchen leiden unter psychischen Problemen*
Es zeigte sich, dass besonders Mädchen unter psychischen Problemen leiden: Rund ein Drittel berichtet von Depressivität, 15 Prozent hegen nach eigenen Angaben Selbstmordpläne, acht Prozent haben bereits versucht, sich umzubringen. „1,2 Prozent der befragten Mädchen gaben an, in den vergangen zwei Wochen einen Suizidversuch unternommen zu haben“, sagte der Heidelberger Studienkoordinator Dr. Michael Kaess der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Heidelberg. „Suizid ist die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen in Europa“, berichtete Professor Dr. Franz Resch, Ärztlicher Direktor der Heidelberger Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.
*Junge Männer bei Drogen und Alkohol vorn*
Junge Männer liegen bei Drogen und Alkohol vorn: Zwölf Prozent trinken wöchentlich oder häufiger Alkohol, 15 Prozent haben schon Erfahrungen mit Drogen gemacht. Leichtsinniges Verhalten ist dagegen geschlechterübergreifend: 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler sind schon bei einem betrunkenen Fahrer mitgefahren.
*Präventionsmaßnahmen auf dem Prüfstand*
Im zweiten Schritt wurden vier konkrete Präventionsprogramme an den teilnehmenden Schulen auf ihre Wirksamkeit überprüft: In einem speziellen Training („Gatekeeper-Training“) erlernten LehrerInnen, gefährdete SchülerInnen zu erkennen, anzusprechen und zu helfen. Die SchülerInnen wurden u.a. in Rollenspielen („Awareness-Programm“) für die eigenen Gefühle sowie die Probleme der MitschülerInnen sensibilisiert und lernten, richtig damit umzugehen. Im „Professional Screening“ kontaktierten die Heidelberger Psychologen gefährdete SchülerInnen telefonisch und luden sie zum Beratungsgespräch ein. Die „Minimal Intervention“ bestand lediglich aus Postern und Kontaktinformationen.
Die ersten Erfahrungen sind positiv: Bei den LehrerInnen war das Interesse und der Wunsch nach weiteren Schulungen groß, die SchülerInnen brachten sich beim „Awareness-Programm“ mit eigenen Themenvorschlägen aktiv ein. Im „Professional Screening“ identifizierten die Wissenschaftler 293 von 417 Schülern dieser Interventionsgruppe als gefährdet. 91 Jugendliche nahmen das Angebot zum Gespräch an.
*Regionale Hilfsangebote und Versorgungsstrukturen nutzen*
Welche Maßnahme effektiv zur Prävention von selbstschädigendem Verhalten der Jugendlichen beiträgt bzw. ihre psychische Gesundheit am besten fördert, soll im dritten Schritt der Studie eine weitere Fragebogenerhebung klären.
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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 21. Juni 2010