All that we never were

Autorin: Alice Kellen
Ins Deutsche übersetzt von Sybille Martin

Was ist das zwischen uns? Freundschaft, Trost oder etwa doch Liebe? Diese Frage stellen sich die Protagonist:innen Leah und Axel im Roman „All that we never were“. Der Roman ist der erste Teil einer Diologie der spanischen Autorin Alice Kellen.

Die beiden Protagonist:innen des Buches haben es nicht leicht. Leah hat auf tragische Weise plötzlich ihre Eltern verloren und weiß nun gar nicht, wie es weitergehen soll. Und Axel ist auch auf der Suche nach seinem Platz im Leben. Obwohl er nach außen wie ein erfolgreicher Womanizer wirkt, ist er in seinem inneren auch selbstkritisch und unsicher. Die beiden kennen sich seit Kindestagen, denn Axel ist der beste Freund von Leahs Bruder, aufgrund des Altersunterschiedes von 10 Jahren hatten die beiden allerdings nicht besonders viel miteinander zu tun. Mittlerweile ist Leah 19 Jahre alt und Axel 29. Als Leahs Bruder aus beruflichen Gründen jedoch unerwartet wegzieht, entscheiden die drei, dass Axel zu Leah zieht, damit sie nicht einsam ist und noch tiefer in eine Depression abrutscht. Gemeinsam wollen die beiden als Freunde, die füreinander da sind und einander trösten, einen Neuanfang wagen. Nach und nach empfinden sie aber mehr füreinander und so beginnt ein Strudel von Gefühlen, welchen beide noch nie zuvor erlebt haben.

„All that we never were“ fällt durch einen ungewöhnlichen Schreibstil auf. Die Perspektiven der beiden Hauptcharaktere wechseln häufig innerhalb der Kapitel, sodass man konzentriert lesen muss und auch einige Seiten benötigt, um in der Geschichte „anzukommen“. Zudem sind die Kapitel vergleichsweise kurz und enthalten nicht allzu viele Dialoge, was auf den ersten Seiten ein wenig ungewohnt ist, jedoch den Lesefluss nicht weiter stört. Persönlich hätte ich mir mehr Zeitsprünge und Rückblenden gewünscht, um das Verhältnis der beiden zueinander und die Beziehung zu ihren jeweiligen Eltern besser und intensiver nachempfinden zu können. Leah als Hauptcharakter ist dabei teilweise etwas zu „verkopft“ und daher kann man sich als Leser:in nicht so richtig in sie hineinversetzen, Axel ist dagegen für einen männlichen Charakter recht emotional und daher ein spannender Gegenpol.

Als Leser:in sollte man sich zudem bewusst sein, dass das Buch lein klassischer „Feel-good-Roman“ ist, sondern durch den Tod von Leahs  Eltern auch sehr belastend und schwermütig sein kann, weshalb die Triggerwarnung für Depressionen und Traumata ernst genommen werden sollte. So gibt es insgesamt auch nur wenige wirklich schöne oder romantische Momente und auch das Ende ist eher schockierend als schön. Insgesamt ist allerdings das letzte Drittel deutlich besser als der Rest des Buches, sodass man nach den letzten Seiten und dem emotionalen Ende unbedingt wissen möchte, wie es mit Leah und Axel weitergeht. Der zweite Teil der „Let-it-be“-Reihe erscheint glücklicherweise bereits am 12.06 dieses Jahres.

Insgesamt besticht „All that we never were“ durch interessante und vielfältige Charaktere und eine logische Rahmenhandlung, wobei die Liebesgeschichte aber leider etwas oberflächlich bleibt, sodass die Liebe zwischen den beiden erst auf den letzten Seiten des Buches wirklich zu spüren ist. Das sogenannte „Knistern“ in Romanen fehlt mir persönlich leider etwas, sodass die Liebesgeschichte ein wenig langatmig ist. Empfehlenswert ist der Roman aber für alle, die sich für eine ungewöhnliche Kennenlerngeschichte interessieren und keine Probleme mit einem größeren Altersunterschied haben und auch offen dafür sind, eine Geschichte mit belastenden Themen wie Depressionen und Verlust zu lesen und dabei zu realisieren, wie kleine Veränderungen große Auswirkungen haben können.

Erschienen im Heyne Verlag


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Autorin / Autor: Leonie M. - Stand: 29. Mai 2024