Als die Welt zum Stillstand kam
Autorin: Gaby Neumayer
Wir schreiben das Jahr 2036. Es hat sich so einiges geändert auf unserem Planeten. Nachdem das Internet uns schon in den 2000er Jahren freien Zugang zu Informationen gegeben hat, ist nun auch das Reisen unbegrenzt. Beamen ist zum Alltag geworden. Mal eben zum Konzert nach Israel und danach in einer chicen Bar in Südafrika ein Bier trinken ist kein Problem mehr. Selbst Wasser, Nahrung und Müll können durch sogenannte Tore direkt in die Haushalte bzw. aus ihnen hinaus gebeamt werden. Straßen, Wasserrohre und Telefonkabel sind nun unwichtig geworden. Doch dann passiert es: Alle Tore fallen aus, beamen ist nicht mehr möglich – eigentlich eine Sache der Unmöglichkeit. Mit dem Torausfall gibt es auch keinen Strom mehr, kein Internet, keine Nahrung, kein Wasser – das gesamte Versorgungsnetz bricht zusammen.
Der Leser begleitet Alex, Bernie und Celie, während die drei Freunde versuchen, mit ihrer neuen Situation klar zu kommen. Alex ist gerade in Berlin, als die Tore ausfallen. Dort macht der angehende Arzt ein Praktikum. Bernie ist irgendwo in der Wildnis in Mecklenburg gestrandet. Dort sollte er eigentlich ein neues Tor installieren. Celie geht ganz andere Wege. Sie hat sich nach dem dramatischen Tod ihrer Mutter einer mobilen Kommune nahe Dublin angeschlossen. Alle Mitglieder der Kommune lehnen das Beamen ab und verzichten auch auf viele andere Annehmlichkeiten, die die Tore mit sich bringen. So funktioniert ihre Stromversorgung mit Hilfe von Solarzellen. Daher sind die Kommunen auch die Orte, an denen es sich nach dem Torausfall am besten leben lässt. Im neu entstandenen Chaos macht sich Alex auf den Weg, seine große Liebe Celie wieder zu finden. Und auch Bernie macht sich auf die Suche nach Alex.
Der Reiz des Buches liegt in den unterschiedlichen Perspektiven, die der Leser einnimmt. Celie, Alex und Bernie sind zu Beginn an drei verschiedenen Orten und erleben unterschiedliche Dinge. All das bekommt der Leser mit. Leider ist es dadurch manchmal schwierig, der Geschichte zu folgen. Immer wieder gibt es Sprünge von einem Handlungsort zum nächsten. Außerdem sind hin und wieder die Erlebnisse von Charakteren aufgenommen, die der Leser (am Anfang) nicht einordnen kann. Außerdem wird man in eine Geschichte hineingeworfen, in der man zu Anfang gar nichts versteht. Ich hatte oft das Gefühl, den zweiten Teil einer Trilogie zu lesen. Anderseits gelingt es Gabi Neumayer so, die Mentalität der Menschen der Zukunft darzustellen. Man ist eben nicht mehr an einen Ort und an ein Geschehen gebunden, sondern kann überall gleichzeitig sein.
Ich habe lange gebraucht, um den Handlungsstrang der Geschichte ausfindig zu machen. Geht es darum, den Grund des Torausfalls aufzuklären? Geht es um den Mord an Celies Mutter? Soll nur der Ausnahmezustand beschrieben werden, der entsteht, wenn die allgemeine Versorgung versagt? Geht es um die Liebesbeziehung zwischen Celie und Alex? Oder um den mysteriösen Anführer in der mobilen Kommune? Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, was die eigentliche Handlung ausmacht. Vielleicht ist es von allem ein bisschen. Die große Überraschung am Ende ist zumindest, dass der Leser eigentlich schon relativ früh den Grund dafür kennt, warum die Netze ausfallen.
Gabi Neumayer hat sehr gut recherchiert. Das merkt man dem Buch sofort an und auch ein Blick ins Glossar bestätigt diesen Eindruck. Die Autorin hat unzählige Forschungseinrichtungen besucht, um heraus zu finden, wie weit die Beam-Technologie ist und ab wann wir mit einer Energieversorgung vom Mars rechnen können. Weil all diese Nachforschungen nicht in den Anhang des Buches gepasst haben, gibt es sogar eine Internetseite mit Hintergrundinfos zu „Als die Welt zum Stillstand kam“. Hier kann man also einen großen Pluspunkt verbuchen.
Alle neuen Erfindungen im Buch sind wirklich realistisch. Man kann sich gut vorstellen, dass in 30 Jahren solche Erfindungen möglich und alltäglich sind.
Das Buch hat einen tollen Plot und eine geniale Idee. Anfangs ist es allerdings nicht einfach zu lesen – wer trotzdem dabei bleibt, wird am Ende belohnt.
*Erschienen im Beltz Verlag*
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Autorin / Autor: missmarie - Stand: 12. September 2012